Berlin kauft fast 3500 Wohnungen: Landeseigenes Immobilien-Shopping hat Nebenwirkungen
Der Senat erwartet von Landesfirmen, dass sie „finanzielle Ressourcen“ für die Ausübung des Vorkaufsrechts bereitstellen. Dabei sind das oft schwierige Deals.
3435 Wohnungen hat der Senat mit seinen sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen in diesem Jahr bisher gekauft. Damit haben die staatlichen Firmen das mit dem Senat vereinbarte Ziel übertroffen, mindestens 10.000 Wohnungen in dieser Legislaturperiode zu erwerben. Ein Ende dieser Ankaufspolitik, die in der Opposition wegen deren Kosten umstritten ist, ist nicht absehbar. Im Gegenteil.
Wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Stefan Förster schreibt, seien die Landesfirmen „weiterhin Interessenten von Ankäufen und engagieren sich zudem bei der Ausübung von bezirklichen Vorkaufsrechten“.
Doch Wohnhäuser in Berlin sind teuer. Kühne Investoren zahlen Preise, deren Kosten für Kapital und Bewirtschaftung sich kaum durch Mieteinnahmen decken lassen. Private spekulieren auf den Wertzuwachs dieser Immobilien. Doch diese Strategie lässt sich schwer mit den kaufmännischen Pflichten bei Landesfirmen vereinbaren. Deshalb musste der Senat wiederholt solche Ankäufe bezuschussen durch Kapitalspritzen an seine Firmen.
Mehr als 31 Millionen Euro hat der Senat seit 2017 „für Vorkaufsrechte als Eigenkapitalzuführungen an die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zugesagt“, teilte die Verwaltung Anfang des Jahres mit. Weil die Immobilienpreise auf Rekordhöhe sind – laut Gutachterausschusses für Grundstückswerte –, wird es für die Unternehmen immer schwerer, bezahlbare Wohnhäuser zu finden.
Hinzu kommt, dass der Senat offenbar die Zuschüsse an die Landesfirmen begrenzen will. Im Entwurf für die Neuauflage der „Kooperationsvereinbarung“ zwischen Senat und Landesfirmen regelt ein Abschnitt den Umgang mit dem „Vorkaufsrecht“ und nimmt die Chefs der Landesfirmen finanziell in die Pflicht: Demnach sollen die Firmen künftig selbst „anteilig bedarfsgerechte finanzielle Ressourcen bereitstellen“ für den Erwerb von Wohnhäusern durch Ausübung des Vorkaufsrechts.
Senat will wohl Zuschüsse für Landesfirmen begrenzen
Branchenvertreter fürchten, dass die Landeszuschüsse wegfallen oder gekürzt werden und viele Deals damit kaufmännisch unwirtschaftlich werden könnten. Zugleich übt der Senat politischen Druck aus, möglichst viele Wohnungen anzukaufen, wie die Anfrage zeigt. Hintergrund: Das Vorkaufsrecht erlaubt Landesfirmen, in Kaufverträge einzusteigen, die private Händler vereinbarten – zu den darin festgelegten Preisen.
[Wo entstehen neue Wohnungen - konkret in Ihrem Kiez? Eines der Top-Themen in unseren Newslettern aus den zwölf Bezirken. Die Newsletter gibt es kostenlos und schnell hier: leute.tagesspiegel.de]
Am meisten Wohnungen kauften Landesfirmen in Friedrichshain-Kreuzberg, dessen Baustadtrat Florian Schmidt für seine Rolle bei der Gründung der Diese eG und deren riskanten Ankäufen in die Kritik geriet. Viele Objekte erwarben die Firmen in Spandau, mehr als 800. Dort erwarb das Land den Gewobag-Bestand auf Druck von SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Die Wohnungen müssen saniert und vom giftigen Asbestbaustoff befreit werden.
Außerdem stoppte der Senat dort eine bereits vereinbarte Mieterhöhung. Am wenigsten Wohnungen wurden in Steglitz-Zehlendorf (13) und Treptow-Köpenick (73) erworben. Ankäufe gab es in Lichtenberg (458), Mitte (271), Charlottenburg-Wilmersdorf (270), Pankow (251), Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf (je 150), Tempelhof-Schöneberg (104), Neukölln (80) sowie in Treptow-Köpenick (73).