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Bei der Stromnetz-Vergabe stach die landeseigene Berlin Energie die Vattenfall-Tochter aus.
© Julian Stratenschulte/dpa

Rekommunalisierung: Land Berlin darf Stromnetz betreiben

Der Landesbetrieb Berlin Energie entscheidet die Stromnetz-Vergabe für sich. Unterlegene Vattenfall-Tochter will Entscheidung "umfassend prüfen".

Jetzt ist es offiziell: Der Landesbetrieb Berlin Energie hat den Wettbewerb um den künftigen Betrieb des Berliner Stromnetzes gewonnen, wie die für die Vergabe verantwortliche Finanzverwaltung am Dienstag mitteilte. Die Reaktionen von Betroffenen und Politik reichen von Jubel bis zu scharfer Kritik.

Die siegreiche Berlin Energie stellte sogleich „für den Netzbetrieb und die Entwicklung der Stromnetzinfrastruktur der Metropole Berlin zahlreiche Verbesserungen“ in Aussicht. Man sei der Versorgungssicherheit und den Klimazielen Berlins verpflichtet – und „durch eine gute Planung auf eine schnelle Umsetzung der Konzessionsvergabe vorbereitet“. Den bisher fürs Stromnetz Beschäftigten biete man eine sichere Zukunft.

Ob der Übergang tatsächlich schnell umgesetzt wird, ist allerdings zweifelhaft. Vattenfalls unterlegene Stromnetz-Tochter kündigte als bisherige Netzbetreiberin an, die Entscheidung „umfassend zu prüfen“. Fachleute rechnen mit einer mehrjährigen juristischen Auseinandersetzung.

Bundesnetzagentur bescheinigt der Stromnetz-GmbH höchste Effizienz

Auch bei der Qualität liegt die Messlatte hoch: Das Berliner Stromnetz ist überdurchschnittlich zuverlässig, die Bundesnetzagentur bescheinigt der Stromnetz-GmbH höchste Effizienz, die Investitionen steigen seit Jahren, und Klagen über zögerlich angeschlossene dezentrale Ökostromanlagen sind nicht bekannt.

Die Genossenschaft Bürger-Energie Berlin, die sich ebenfalls um den Netzbetrieb beworben hatte, bezeichnete die Vergabeentscheidung als „großartigen Zwischenerfolg“. Das Ziel einer direkten Bürgerbeteiligung sei nun „zum Greifen nah“.

Aufsichtsratschef Hartmut Gaßner kündigte an, mit dem Senat über eine Kooperation mit Berlin Energie zu verhandeln. Die Genossenschaft stehe bereit, „sich an der zukünftigen Netzgesellschaft finanziell und konzeptionell zu beteiligen“. Zum Übernahmepreis wurde nichts mitgeteilt; Fachleute halten etwa zwei Milliarden Euro für realistisch.

Während die Entscheidung im Sinne der rot-rot-grünen Koalition ist, kam von CDU und FDP Kritik. Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK, prophezeite: „Wer mit der Erwartung an günstigere Strompreise und mehr erneuerbare Energien an die Rekommunalisierung geht, wird enttäuscht werden. Zudem wird erneut der Steuerzahler in Haftung genommen für die finanziellen Risiken der Rekommunalisierung.“

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