Türkischer Einmarsch in Syriens Kurdenregion: Kurden protestieren am Berliner Alexanderplatz
Türkische Truppen wollen in Nordsyrien einmarschieren – Kurden mobilisieren auch in Berlin zu einer Protestkundgebung.
Kurdische Exilanten und Vertreter der nordsyrischen Autonomieregion wollen an diesem Abend in Berlin protestieren. Die Kundgebung richtet sich gegen den geplanten Einmarsch türkischer Truppen in der syrischen Kurdenregion. Hunderte Teilnehmer werden erwartet, die Polizei begleitet die Kundgebung am Alexanderplatz.
Zehntausende Kurden leben in Berlin; viele von ihnen sympathisieren mit dem Kampf der YPG gegen den „Islamischen Staat“ (IS). Die YPG werden bislang von den USA, Frankreich und Großbritannien unterstützt und stehen der auch in Deutschland verbotenen PKK nahe, die seit Jahrzehnten gegen die türkische Armee kämpft. Islamisten aller Couleur und türkisch Rechte könnten die Kundgebung am Alex stören wollen.
Die von Kurden dominierte YPG ist die wichtigste Miliz in Nordsyrien - ihre Kämpfer verteidigen innerhalb des kurdisch-arabisch-christlichen Bündnisses SDF eine Autonomieregion im Norden Syriens. Die SDF befreiten den Osten Syriens mit US-Hilfe vom IS und lehnen Syriens Zentralregierung in Damaskus und ab.
Die USA haben begonnen, ihre Soldaten von der syrisch-türkischen Grenze abzuziehen – und so dem türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan ermöglicht, die Kurdenregion anzugreifen. Erdogan hatte schon 2018 das syrisch-kurdische Afrin erobern und zusammen mit arabischen Islamisten aus anderen Teilen Syriens besetzen lassen.
US-Präsident Donald Trump hatte die Türkei vor einem Angriff auf die kurdischen US-Verbündeten gewarnt. In Ankara zeigt man sich unbeeindruckt. „Unsere Botschaft an die internationale Gemeinschaft ist klar - die Türkei ist kein Land, das sich von Drohungen bewegen lässt“, sagte Vizepräsident Fuat Oktay am Dienstag während einer Rede an einer Universität in Ankara.
Linke: „Bevölkerung in Rojava zum Abschuss freigegeben“
Die Bundesregierung hat den geplanten Einmarsch kritisiert, zahlreiche Politiker aus SPD und CDU zeigten sich von den USA wegen deren Truppenabzuges enttäuscht. Trump wurde auch in Washington heftig kritisiert.
Die entwicklungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Evrim Sommer, sagte, die USA seien von den Kurden nicht als Schutzmacht gerufen worden: „Mit seinem kopflosen militärischen Abzug gibt Trump aber die kurdisch-arabische Bevölkerung Rojavas für die imperiale Machtpolitik der Türkei, Russlands und des Iran zum Abschuss frei.“
Immer wieder hatten die Kurden versucht, mit Syriens Herrscher Baschar al Assad über eine Föderalisierung des Landes zu verhandeln – bislang vergebens. Ein türkischer Einmarsch dürfte mit dem Segen von Assads Schutzmächten Russland und Iran stattfinden.