Art-Festival in Schöneweide: "Kunst am Spreeknie" geht in die achte Runde
Rund um die Fabrikhalle, die der kanadische Musiker Bryan Adams vor zwei Jahren gekauft hatte, präsentieren sich noch bis Sonntag mehr als 300 Kreative auf dem achten Schöneweider Art-Festival "Kunst am Spreeknie".
Selten rollen Hype-Wellen über Schöneweide hinweg. Als Bryan Adams vor zwei Jahren eine alte Fabrikhalle auf dem riesigen Gelände des Transformatorenwerks Oberschöneweide am Spreeufer kaufte oder als dort im vergangenen Sommer „Kiki Blofeld“, einst angesagter Strandclub in Kreuzberg, aufschlug, kamen solche Wellen. Doch so plötzlich wie sie über den südöstlichen Stadtrand hereinbrechen, so schnell ziehen solche Wellen wieder ab: Das Blofeld verabschiedete sich nach nur einer Saison, Bryan Adams’ Pläne für Musikstudios und Künstler-Ateliers brauchen offensichtlich noch Zeit – mehr als ein Zaun um das Fabrikgebäude lässt aktuell nicht auf große Bauvorhaben schließen.
Trotz ausbleibendem Langzeitrummel, oder vielleicht gerade weil hier noch Raum bleibt für die nötige Arbeitsatmosphäre, boomt die Kunst- und Kreativ-Szene am südöstlichen Stadtrand wie aktuell wohl nirgends in der Stadt: Zwölf Atelierhäuser in Berlin mussten 2014 schließen – in Schöneweide haben sich dagegen mittlerweile mehr als 250 professionelle Künstler und Kreative niedergelassen.
Moderne Kunst: Verzerrtes Skype-Gespräch
Viele sind auch dieses Jahr wieder Teil des Schöneweider Art-Festivals „Kunst am Spreeknie“: Allein in der Ausstellung „Zentralstation“, gleich hinter Bryan Adams’ Fabrikhalle, stellen 99 Künstler noch bis Sonntag ihre Werke aus. Darunter sind bunte Malereien, schlichte Zeichnungen, Objekte und Skulpturen wie ein mit blauem Stoff drapierter Klodeckel oder eine nach hinten verrenkte Frauenfigur, aber auch ein verzerrtes Skype-Gespräch als Ton-Bild-Installation.
Die „Zentralstation“ dient sozusagen als Wegweiser für das ganze Kunstfestival, das sich über 31 Standorte verteilt. Insgesamt beteiligen sich über 300 Künstler am mittlerweile achten „Kunst am Spreeknie“-Kunstfest, davon sind etwa zwei Drittel in Schöneweide ansässig.
Herausgekratzte Menschen, offene Ateliers
Über einer leer stehenden Fabrikhalle eröffnete jetzt die Ausstellung „Am Rand des Wahnsinns schwirrt die Kunst“. Der Titel spielt auf das Klischee an, dass Künstler sich oft am Rande des Wahnsinns befänden. Gezeigt werden Kunstwerke, die sich in stilistischen Grenzbereichen bewegen: Ölgemälde auf Holzplatten, die Menschen herausgekratzt – zurückgeblieben sind nur deren Umrisse; oder Gemälde, in die Drähte, Nägel, Rost und geschreddertes Plastik integriert sind.
Die Ausstellung „Aufzug zur Chirurgie“ in den Spreehöfen eine Straße weiter besteht im Grunde aus 18 Einzelausstellungen: Alle der hier vertretenen Künstler stellen ihre Werke jeweils in einem eigenen kleinen Raum aus, insgesamt eine bunte Mischung an Kunstformen, ähnlich wie in der „Zentralstation“. Die Räume wurden erst kurzfristig endgültig zugesichert – Zeit, um etwa Wände zu streichen, fehlte den Künstlern, deshalb wirken in manchen Räumen die Wände wie ein Teil des eigentlichen Kunstwerks. Teppichböden in einigen der Räume lassen erahnen, dass hier schon häufiger Künstler sich austobten.
Einen Eindruck vom alltäglichen Arbeitsplatz eines Künstlers bietet „Kunst am Spreeknie“ auch: Gegenüber der Bryan-Adams-Fabrikhalle öffnen die Künstler des Xtro-Atelierhauses ihre Türen.
„Kunst am Spreeknie“, bis Sonntag. Informationen zu Programm und Standorten: www.kunst-am-spreeknie.de
Juliane Fiegler