Berliner S-Bahn will 1380 Wagen kaufen: Künftig keine Schrottbahn mehr?
Die Berliner S-Bahn will sich 1380 neue Wagen liefern lassen. So könnte die komplette alte Flotte ersetzt werden. Allerdings stellt das Unternehmen Bedingungen.
Die Bahn geht ran. Mitten im Ausschreibungsverfahren für den Betrieb auf dem Ring und den Zulaufstrecken im Südosten hat sie jetzt europaweit einen Rahmenvertrag für den Kauf von 1380 Fahrzeugen ausgeschrieben. Dies wäre die größte Lieferung in der Geschichte der S-Bahn. Für den Ringbetrieb sind nur etwa 380 Wagen erforderlich. Mit den 1380 kann nicht nur der gesamte Fahrzeugbestand der S-Bahn mit derzeit 1300 Wagen ersetzt werden, es reicht auch noch für ein verbessertes Angebot. Greifen soll der Rahmenvertrag aber nur, wenn die S-Bahn den Auftrag für den Betrieb auf dem Ring erhält. Dies soll sich Ende 2014 entscheiden.
Die Großanfrage erfolge vorsorglich, um für die Ausschreibung der weiteren Netze – die Stadtbahn und die Nord-Süd-Strecken – gewappnet zu sein, sagte ein Bahnsprecher. Punkten kann die S-Bahn damit aber schon jetzt. Das Unternehmen zeige so vor allem den Politikern, dass sie die Fahrzeugprobleme mit einem großen Schritt lösen wolle. Die S-Bahn wolle auch in Zukunft den Betrieb auf dem gesamten Netz bestreiten, heißt es auch in der Ausschreibung.
Bei einem Zuschlag für den Ring sollen voraussichtlich 82 durchgehend begehbare Vierwageneinheiten – Halbzug genannt, weil ein Zug aus maximal acht Wagen bestehen kann – sowie 31 ebenfalls durchgehend begehbare Doppelwagen (Viertelzug) beschafft werden. Die Einheiten haben jeweils am Ende einen Führerstand. Der Durchgang zwischen den Wagen müsse für alle Fahrgäste überbrückbar sein.
Alle Fahrgäste bedeute in diesem Zusammenhang, „dass explizit alle Fahrgäste gemeint sind, insbesondere einschließlich Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität“, schreibt die Ausschreibung weiter vor. Zu den Vorgaben gehört auch eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde, für die ein Teil des Netzes bereits ausgebaut ist, die derzeit aber nicht gefahren werden darf. Auch die maximale Länge je Wagen ist mit 18,50 Meter festgelegt und entspricht damit fast den heutigen Maßen. Vor allem die vielen Kurven und Steigungen sowie die zum Teil geringe Höhe im Nord-Süd-Tunnel geben die Länge der Züge vor.
Der Rahmenvertrag für gleich 1380 Wagen verschafft der S-Bahn auch einen Vorteil beim Kauf der vorgesehenen 390 Wagen für den Betrieb zunächst nur auf dem Ring. Mit der Großbestellung kann der Hersteller den Bau der ersten 390 Wagen günstiger kalkulieren als wenn nur die geringere Zahl von Wagen bestellt würde.
Damit geraten die anderen Bewerber für den Ring-Betrieb in Zugzwang. Wollen sie beim Preisangebot konkurrenzfähig sein, müssten sie nun auch mit dem Kauf der für den Gesamtbetrieb erforderlichen Wagenzahl kalkulieren, was den Investitionsbedarf erheblich erhöht. Beworben haben sich unter anderem die französische Nahverkehrsgesellschaft RATP aus Paris, National Express aus Großbritannien und die MRT-Gruppe aus Hongkong. Auch die Fahrzeughersteller Bombardier sowie Siemens/Stadler sind dabei.
Die Ausschreibung für den Rahmenvertrag lässt auch die Bildung eines gemeinsamen Unternehmens, bestehend aus dem Fahrzeughersteller und der S-Bahn, zu. Verbandelt ist die S-Bahn hier bereits mit Siemens/Stadler.
Am Wochenende wird gebaut und umgestiegen
Die S-Bahn liebt die Dramaturgie: Zunächst unterbricht sie am Wochenende bis Montagfrüh den Verkehr auf der S 2/ S 25 zwischen Marienfelde und Anhalter Bahnhof. Bei der Sperrung vor einer Woche hatten Fahrgäste über unregelmäßige Fahrten der Ersatzbusse und mangelhafte Informationen geklagt. Auch zwischen Springpfuhl und Lichtenberg fahren am Wochenende als Ersatz für die S5, S7 und S75 Busse. Ab Montag ist dann bis zum 22. November die S 25 zwischen Schönholz und Tegel dicht. Vom 22. November bis zum 9. Dezember wird dann der Nord-Süd-Tunnel zwischen Nordbahnhof und Anhalter Bahnhof gesperrt. Grund sind immer Bauarbeiten.
Klaus Kurpjuweit