Bewerber aus Hongkong bis Paris: Mit wem fährt die Berliner S-Bahn in Zukunft?
Die Ausschreibungsfrist für den S-Bahnring ist beendet. Konzerne aus Hongkong bis Paris haben sich beworben. Nur eines ist jetzt schon klar: Durch die politischen Querelen im Vorfeld muss der neue Betreiber noch jahrelang mit den alten Zügen fahren.
Die seit vier Jahren tief in der Krise steckende S-Bahn scheint doch noch begehrt zu sein. Auf die Ausschreibung des Betriebs für den Ring und seine Zulaufstrecken im Südosten, für die am Montagnachmittag die Ausschreibungsfrist endete, haben sich nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) „zahlreiche“ Bewerber gemeldet, wobei auch Mehrfachnennungen dabei sein können. Genaue Angaben machte der VBB, der das Verfahren steuert, nicht. Der Zuschlag soll bis Ende 2014 erfolgen.
Dies ist zu spät, um bis zum Auslaufen des bestehenden Vertrags Mitte Dezember 2017 noch neue Fahrzeuge durch einen anderen Betreiber anschaffen zu können. Egal, wer den Zuschlag erhält: Der neue Betreiber muss in den ersten Jahren weiter mit alten Fahrzeugen der heutigen S-Bahn auskommen. Durch Querelen erst im rot-roten und dann auch im rot-schwarzen Senat hat sich das Verfahren um rund drei Jahre verzögert.
Als sicher gilt, dass sich die Deutsche Bahn um den Weiterbetrieb beworben hat. Mehrfach hat Bahnchef Rüdiger Grube zu verstehen gegeben, dass der Konzern den S-Bahn-Betrieb in der Hauptstadt nicht hergeben will. Klar ist aber auch, dass sie durch den nun eingetretenen Wettbewerb Abstriche beim Preis machen muss, den sie von Berlin und Brandenburg für den Betrieb verlangt. Derzeit bekommt sie – fürs gesamte Netz – knapp 280 Millionen Euro. Allerdings will die Bahn dem Vernehmen nach nicht um jeden Preis dabei sein.
Auch die Fahrzeug-Hersteller Bombardier sowie gemeinsam Siemens und Stadler haben im Vorfeld erklärt, ins Rennen zu gehen. Die Firmen wollen dabei nach einem Zuschlag auch die Wartung der Fahrzeuge übernehmen. Öffentlich positioniert hat sich zudem der Betreiber des Nahverkehrs in Paris, RATP. Bisher betreibt das Unternehmen unter anderem rund 60 Buslinien in London sowie Straßenbahnen in Manchester und Florenz. Auch in Marokko, Südafrika, Südkorea, Indien und China sowie künftig in Washington und Tucson in Arizona sind die Franzosen aktiv. Gemeldet hat sich im Vorfeld ferner die National Express Group aus Großbritannien, die ebenfalls in anderen Ländern Nahverkehr betreibt. In Deutschland ist das Unternehmen im Fernbuslinienverkehr dabei. Im Februar erhielt die Gruppe den Zuschlag für zwei Bahnlinien in Nordrhein-Westfalen. Das Interesse reicht sogar bis China, wo MTR aus Hongkong den Betrieb der Berliner S-Bahn steuern will. Bei der Metro in Stockholm sitzen die Chinesen bereits am Hebel.
Ob weitere Bewerber vorhanden sind, ist offen. Erschwert wird eine Beteiligung, weil der Senat verlangt, dass der künftige Betreiber rund 190 neue Doppelwagen anschafft. Die dreistellige Millionensumme kann nur ein finanzkräftiges Unternehmen aufbringen.