Verschiebung der BER-Eröffnung: Künast wirft Wowereit "Tagträumerei" vor
Schon am 4. April beantragten die Flughafenbetreiber, Brandschutztüren durch 700 befristet eingestellte Mitarbeiter von Hand bedienen lassen zu dürfen. Erste Rücktrittsforderungen werden laut - und die Grünen kritisieren Klaus Wowereit.
17:15 Die Grünen fordern rasche Klarheit darüber, wer etwaige Schadenersatz-Ansprüche leisten muss. Es dürfe nicht sein, dass die „Tagträumerei“ des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) den Steuerzahler teuer zu stehen kommt, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Mittwoch in Berlin. Wowereit habe den Flughafen zwar zur Chefsache erklärt, „dabei aber wohl nur die Feiern im Kopf gehabt“, sagte Künast. „Er hätte sich laufend um die Projektentwicklung kümmern müssen.“ Die Grünen-Politikerin warf auch die Frage auf, warum sich der Aufsichtsrat der Flughafen-Gesellschaft sich nicht intensiver mit den Problemen beschäftigt habe. „Wusste der Aufsichtsrat von der Anfang April beantragten Sondergenehmigung, Brandschutz-Türen und Sprinkleranlagen per Hand zu betreiben?“, fragte die Grünen-Politikerin. "Der Eröffnungstermin 3. Juni war ganz offensichtlich reines Wunschdenken“, sagte Künast. „Bei der Fehleranalyse gehört Klaus Wowereit als Verantwortlicher in den Mittelpunkt.“
15:10 Air Berlin hält an der geplanten Streckenexpansion im Sommer fest. Nach Bekanntgabe des erneut verschobenen Eröffnungstermins für den neuen Großflughafen sei die Airline nun dabei, das erweiterte Flugprogramm am neuen Standort auf die Gegebenheiten des alten Flughafens Berlin-Tegel anzupassen, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.
14:07: Bei vielen Abgeordneten des Verkehrsausschusses herrscht Verärgerung über den Auftritt von Staatssekretär Rainer Bomba und Flughafenchef Rainer Schwarz. Denn keiner von ihn habe den Ausschuss darüber informiert, dass es bereits am 4. April einen Antrag auf Sondergenehmigung beim Landratsamt des Landkreises Dahme-Spreewald gegeben habe. Demnach wollte der Flughafenbetreiber die Brandschutztüren durch 700 befristet eingestellte Mitarbeiter von Hand bedienen lassen, was der Landkreis nicht genehmigen wollte. Es sei also klar gewesen, dass es ein großes Problem mit dem Brandschutz gegeben habe. "Herr Schwarz hätte uns über den Antrag auf eine Sondergenehmigung, der am 4. April beim Landratsamt eingereicht worden war, informieren müssen. Von kurzfristigen Hinweisen auf eine Verzögerung kann da doch nicht mehr die Rede sein. Unklar ist, ob der Aufsichtsrat davon wusste. Sollte der Aufsichtsrat getäuscht worden sein, muss Herr Schwarz seinen Hut nehmen", sagt Hofreiter dem Tagesspiegel. Und weiter: "Das Antwortverhalten von Bomba und Schwarz war skandalös, unpräzise und grenzte an Missachtung des Ausschusses. Deshalb werden beide noch einmal eingeladen und sie erhalten einen Brief von mir, der mit den Obleuten der Fraktionen abgestimmt ist, in dem sie im Kern aufgefordert werden, das nächste Mal präziser zu antworten." Verärgerung herrscht vor allem darüber, dass Schwarz und Bomba vor allem darauf hingewiesen hätten, dass es sich um ein Großprojekt handele. "Dass die beiden die Abgeordneten immer wieder darauf hingewiesen haben, dass es sich bei BER um ein Großprojekt handelt, verblüffte alle. Schließlich dachten wir, es handele sich um ein Einfamilienhaus."
Der Spott über die Flughafen-Bruchlandung in Bildern:
12:39 Wer wusste wann was? Diese Frage beschäftigt alle. Und es stellt sich auch eine andere Frage: Wann wusste eigentlich Verkehrsminister Peter Ramsauer vom Eröffnungs-Verzug? Mitglieder des Verkehrsausschuss berichten davon, dass man noch am Dienstagmorgen mit Ramsauer zusammengesessen habe, von den Problemen beim BER sei aber da keine Rede gewesen. Staatssekretär Rainer Bomba wurde auf jeden Fall am Montagabend über die Probleme informiert - genau wie Klaus Wowereit und Matthias Platzeck. Die Entscheidung beim Management des Flughafens, die Eröffnung zu verschieben ist am Wochenende endgültig gereift, nachdem die Probleme mit der Entrauchungsanlage klar ersichtlich waren. Noch am Freitag aber wurde der Vorstand von Air Berlin über das neue Flughafengelände geführt und es wurde versichert, dass alles nach Plan liefe. Auch dem thailändischen Verkehrsminister wurden am Freitag noch von Vertretern des Bundsverkehrsministeriums die Vorzüge des neuen Flughafens erläutert.
Sehen Sie hier in Bildern, wie der neue Berliner Flughafen entsteht:
Vielen politisch Verantwortlichen ist klar, dass die Verschiebung der Eröffnung nicht nur ein Imageschaden für Berlin ist. "Das ist eine internationale Blamage", sagt Patrick Döring, Generalsekretär der FDP und verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Seiner persönlichen Einschätzung nach wird die Verschiebung Kosten im dreistelligen Millionenbereich verursachen.
Auch bei anderen Mitgliedern des Verkehrsausschuss herrscht der Eindruck der Blamage vor, wenngleich aber auch viele sagen, dass es bei Großprojekten immer Probleme gebe. Allerdings langt den meisten Abgeordneten dieser Hinweis nicht. Auch Bomba habe immer wieder auf den Umstand eines Großprojektes verwiesen, bis er in der Sitzung von einem Abgeordneten seiner eigenen Partei, der CDU, angeraunt wurde, dass man das jetzt verstanden habe.
12:29 Im Ausschuss für Stadtentwicklung versucht Müller Spekulationen über mögliche andere Gründe für die Verschiebung des Eröffnungstermins zu zerstreuen: "Ich wehre mich dagegen, dass gesagt wird, die Brandschutzgründe seien vorgeschoben. Nach meinem Kenntnistand ist der Brandschutz der einzige Grund", sagte Müller. "Ich wundere mich auch über das späte Eingreifen des Vorstands der Flughafengesellschaft."
Die Kosten der Verzögerung seien "im Moment noch nicht bezifferbar." Dazu Antje Kapek, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen: "Das kostet mindestens so viel wie der geplante Neubau der Landesbibliothek." Womit die Frage aufgeworfen ist, auf welche bereits beschlossenen Investitionsvorhaben Berlin wegen des Flughafendesasters möglicherweise verzichten muss.
Es gibt keine Eröffnungsfeier
12:12 Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stephan Kühn, sagte nach der Sitzung des Verkehrsausschusses dem Tagesspiegel: "Es ist klar geworden, dass im Zeitplan der Planer keine Reserven oder Puffer mehr waren und das zeigt, dass für den Zeitplan eher der politische Kalender ausschlaggebend war und nicht die Frage der Machbarkeit." Kühn fordert, das neue Zeitfenster bis zur Eröffnung zu nutzen, um Schallschutzmaßnahmen umzusetzen. "Da hat es auch offensichtliche Probleme gegeben, die man nun beheben kann", sagte er. Im Mittelpunkt stehen vor allem schallisolierte Fenster für Anwohner.
11:43 Eine große Eröffnungsfeier für den neuen Flughafen, wie sie am 24. Mai geplant war, wird es nicht mehr geben. Wie Sitzungsteilnehmer dem Tagesspiegel bestätigen, hat Staatssekretär Rainer Bomba vor dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages klar gemacht, dass es eine solche Feier auch mit Verspätung nicht geben wird. Bomba sagte demnach: "Wenn man 40.000 Leute einmal auslädt, lädt man sie nicht wieder ein." Auch die Frage nach einem neuen Eröffnungstermin bleibt vorerst offen. Zwar wird immer wieder der August oder September ins Spiel gebracht, aber festlegen will sich darauf niemand. Das Bundesverkehrsministerium will sich noch nicht einmal festlegen, ob es in diesem Jahr überhaupt noch eine Eröffnung geben wird. "Für diese Einschätzung ist es zu früh, uns ist jetzt wichtig, dass wir einen realistischen Termin benennen", sagte ein Ministeriumssprecher dem Tagesspiegel.
In der Sitzung des Verkehrsausschusses, an der auch Bomba und Schwarz teilgenommen haben, ging es auch noch einmal um das Zustandekommen der Absage. Demnach hat es bei Schwarz laut Sitzungsteilnehmern bereits am Freitag erste Zweifel gegeben, die sich dann über das Wochenende bestätigten. Schwarz habe auch überlegt, einen Teil des Flughafens bei der Eröffnung zu sperren, sich dann aber dagegen entschieden. Das Hauptproblem seien die Entrauchungsanlagen, die zwar funktionierten, aber nicht im Zusammenspiel. Der Verkehrsausschuss wird sich auch in der kommenden Woche mit dem Thema beschäftigen und verlangt Einsicht in die Controllingberichte. Laut Sitzungsteilnehmern wurde dem Ausschuss zugesichert, dass er diese Berichte bekommen soll.
Sehen Sie hier, wie der Flughafen einmal aussehen soll:
11:29 Für den Chef des irischen Billigfliegers Ryanair, Michael O'Leary, ist der verspätete Start am neuen Berliner Flughafen keine Überraschung. „Das ist typisch für solche Großprojekte“, sagte er am Mittwoch am Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz. Er halte solche „Super-Airports“ in Millionenstädten wie Berlin grundsätzlich nicht für sinnvoll, da sie zu teuer seien. Während Berlin den einen „Super-Flughafen“ wolle, hätten sowohl London als auch Paris mehrere Airports. „Das ist der Weg“, sagte O'Leary.
11:00 Fallen durch die verspätete Eröffnung des neuen Berliner Flughafens BER kurzfristig Flüge aus, haben Fluggäste Anspruch auf Entschädigung. Das gilt zum Beispiel, falls geplante
neue Verbindungen bis zum neuen Eröffnungstermin nicht angeboten werden können. Dabei spielt laut Reiserechtler Paul Degott aus Hannover jedoch eine Rolle, wie frühzeitig die Passagiere über mögliche Änderungen informiert wurden. Ist dies sehr früh der Fall, müsse der Passagier auch hinnehmen, dass der Abflug zum Beispiel von einem anderen Flughafen in der Nähe erfolgt. In diesem Fall müsse die Airline oder der Reiseveranstalter für die Transportkosten aufkommen. Wenn statt eines gebuchten Direktflugs aber ein Flug mit Zwischenstopp durchgeführt werde, ist laut Degott eine Minderung des Reisepreises möglich. Bei kurzfristigen Flugausfällen steht den Passagieren laut EU-Fluggastverordnung neben der Versorgung am Flughafen mit Speisen und Getränken eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 bis 600 Euro pro Person zu.
Zahlreiche Airlines wollten ihr Angebot auf dem neuen Berliner Flughafen deutlich ausweiten. Die Lufthansa plante zum Beispiel mit 38 Nonstop-Zielen eine Verfünffachung des bisherigen Angebots. Die für den 3. Juni geplante Eröffnung des neuen Berliner Flughafens war am Dienstag aufgrund von Sicherheitsmängeln auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Was mit den zusätzlich geplanten Flügen passiert, ist derzeit noch unklar. In Tegel dürfte es keine ausreichenden Kapazitäten geben.
10:40 Klaus Wowereit gibt an diesem Donnerstag im Abgeordnetenhaus eine Regierungserklärung zum Flughafen Berlin-Brandenburg ab. Das bestätigte die Senatskanzlei am Mittwoch. Wowereit, der zugleich auch Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist, werde zur Verschiebung des Eröffnungstermins Stellung nehmen.
09:50 Noch ist kein Termin genannt worden, an dem der Flughafen eröffnet werden könnte. In der Sitzung des Verkehrsausschusses wird es natürlich auch darum gehen, wann es so weit sein wird. Teilweise heißt es sogar, der Start des neuen Flughafens könnte sich bis zum kommenden Jahr verzögern. Ob das tatsächlich eine der Optionen ist, ist aber noch unklar.
09:15 Ein neuer Termin für die Eröffnung des Hauptstadtflughafens soll Anfang nächster Woche bekanntgegeben werden. Das sagte der Sprecher der Geschäftsführung der Berliner Flughäfen, Rainer Schwarz, am Mittwoch dem Radiosender 104.6 RTL. Jetzt würden mit den beteiligten Unternehmen belegbare Zeitpläne ausgearbeitet. Schwarz sagte, dass ihm die Mängel beim Brandschutz erst am Freitag mitgeteilt worden seien. Zugleich räumte er ein, dass es in der Vergangenheit eine Reihe von technischen Problemen gegeben habe.
09:00 Der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages kommt in diesen Minuten zu seiner turnusgemäßen Sitzung zusammen. Außerplanmäßig ist allerdings die Tagesordnung. Denn dort wird auch über die Verschiebung der BER-Eröffnung diskutiert. Die Ausschussmitglieder wollen Aufklärung. "Es geht jetzt vor allem um die Ursachen der Verschiebung und den weiteren Zeitplan, denn der ist völlig offen", sagte der Vorsitzende des Ausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), dem Tagesspiegel vor Beginn der Sitzung. Anwesend ist auch der Staatssekretär des Verkehrsministeriums, Rainer Bomba. Eingeladen war auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der aber laut Hofreiter abgesagt hat.
Am Dienstag war bekannt geworden, dass der neue Großflughafen Berlin-Brandenburg (BER) nicht zum vorgesehenen Termin Anfang Juni in Betrieb gehen wird. Bereits am vergangenen Donnerstag musste nach Tagesspiegel-Informationen nach mehreren großen Pannen der Probebetriebstag am neuen Flughafen in Schönefeld komplett abgesagt werden – am Dienstag dann teilte die Flughafengesellschaft offiziell mit, dass der Eröffnungstermin nicht zu halten sei.
Sehen Sie hier eine Chronik Berliner Scheiterns in Bildern:
Offizielle Begründung: Für das Testen der eingebauten Entrauchungsanlage reiche die Zeit nicht mehr aus. Da Sicherheit vorgehe, sei der Termin 3. Juni 2012 nicht mehr zu schaffen, sagte Flughafenchef Rainer Schwarz.
Damit ist der Eröffnungstermin bereits zum zweiten Mal verschoben worden. Zunächst war vorgesehen, bereits Ende Oktober 2011 den Betrieb aufzunehmen. Bis zum Wochenende habe man gehofft, den Termin halten zu können, sagte Schwarz. Der bereits begonnene Umzug von Tegel und der alten Anlage in Schönefeld sei bereits gestoppt worden. Logistisch ist dies für den Flughafen fast eine Katastrophe. Der Umzug in einer Nacht war seit mehr als zwei Jahren minutiös geplant worden. Durch das Verschieben entstehen nach Tagesspiegel-Informationen Mehrkosten von etwa 15 Millionen Euro monatlich.