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Oberschön verdrängt. Steigen mit Promis wie Bryan Adams die Mietpreise? Der Musiker will auch selbst im früheren Transformatorenwerk arbeiten.
© dpa

Kunstquartier im Berliner Südosten: Kühler Empfang für Bryan Adams

Rockstar Bryan Adams verkauft Teile seiner Atelierhalle an der Spree. Ansässige Künstler fürchten nun Mietsteigerungen, die sie nicht verkraften können.

Im Café Schöneweile sitzt Bryan Adams gerne mal und trinkt entspannt seinen Tee. „Ein ganz ruhiger Typ“, sagt die Frau am Tresen. Oberschöneweide ist weit weg vom Startrubel. Deswegen lud der kanadische Rocksänger auch nur enge Vertraute sowie die beteiligten Baufirmen und Behörden zum Richtfest seiner Atelierhalle am Spreeufer. Nicht mal Bezirksbürgermeister Oliver Igel war dabei.

Der Bau kommt – nach Jahren des Stillstands – jetzt schnell voran. Das neue Gebäude wird ein Mischmasch aus Originalsubstanz von 1910, DDR-Anbauten und modernen Ergänzungen sein. Im nächsten Jahr dürften die 14 Ateliers in der ehemaligen Halle des Transformatorenwerks so weit fertiggestellt sein, dass sie an neue Eigentümer übergeben werden können. Den weiteren Innenausbau sollen sie selbst übernehmen.

Zwölf von 14 Ateliers stehen zum Verkauf, unter gibt es www.spreehalle.com seit Kurzem ein Exposé. Als Käufer kommen Architekten, Bildhauer, Verleger, Fotografen, Kunsthandwerker und Sammler in Frage. Arrivierte Leute sollten es sein, denn für solche Flächen werden 3000 bis 5000 Euro pro Quadratmeter fällig, selbst in Oberschöneweide, das lange Zeit als „janz weit draußen“ galt, für den internationale Jetset also völlig uninteressant.

Ex-Industriezentrum ist für viele Künstler Arbeits- und Inspirationsort

Junge Künstler haben das ehemalige Industriezentrum von Oberschöneweide schon in den Nuller Jahren für sich entdeckt, die alten Produktionshallen des Elektrokonzerns AEG aus ockergelbem Backstein sind ein wichtiger Arbeits- und Inspirationsort geworden. Rund 400 Maler, Fotografen, Designer und Bildhauer soll es hierher verschlagen haben. Verdrängt aus der Innenstadt, haben sie sich häuslich eingerichtet, in einer eher tristen Gegend, in der viele arbeitslos sind oder in prekären Verhältnissen leben. Jetzt befürchten sie, wegen steigender Gewerbemieten bald erneut vertrieben zu werden, weiter an den Stadtrand oder raus nach Brandenburg.

„Die Künstler in den Spreehöfen wurden komplett gekündigt“, sagt Steffen Blunk vom benachbarten Atelierhaus XTRO. Der Vermieter habe die Kaltmieten von vier auf rund acht Euro erhöht – für die Betroffenen nicht bezahlbar. Die Spreehöfe an der Edisonstraße werden jetzt unter dem Namen „Leuchtenfabrik“ neu vermarktet. Auch spreeabwärts, im alten Funkhaus Nalepastraße, wird aufwendig saniert, für eine zahlungskräftige Klientel. Vielen selbständigen Musikern und Kreativen wurde gekündigt.

Künftige Künstlerkolonie. Bryan Adams will selbst im früheren Transformatorenwerk arbeiten – und sucht Käufer für einige Flächen.
Künftige Künstlerkolonie. Bryan Adams will selbst im früheren Transformatorenwerk arbeiten – und sucht Käufer für einige Flächen.
© Simulation: Feilden Clegg Bradley Studios

Der Name Bryan Adams löst bei Steffen Blunk deshalb wenig Begeisterung aus. „Wir halten nichts von dem Hype um große Namen.“ Eigentlich schade es den ansässigen Künstlern, wenn Stars wie Adams oder Ai Weiwei mit Schöneweide in Verbindung gebracht werden. Das treibe die Mieten weiter nach oben. Im Prinzip hilft gegen Verdrängung nur, die eigenen Mietflächen zu kaufen. Aber dazu fehlt Blunks Künstlerfreunden das Geld. Oft wollen die Eigentümer auch gar nicht verkaufen.

Ein Atelier plus Fotostudio will Adams selbst nutzen

Die Hoffnung, Adams würde sich als Mäzen entpuppen und einige Ateliers günstig vermieten, entpuppt sich jetzt als Illusion. Der sauerländische Finanzdienstleister Hoppe ist mit der Vermarktung der Ateliers beauftragt, „zum marktüblichen Preis“, sagt Peter Hoppe. Man verhandele mit Interessenten, darunter auch Bekannten von Adams. Ein größeres Fotostudio plus Atelier werde Adams selbst nutzen. Ursprünglich sollten auch Wohnungen in die Hallen gebaut werden, aber das genehmigte der Bezirk nicht.

„Es war zu erwarten, dass es nicht die Bryan-Adams-Ateliers werden“, sagt Bürgermeister Oliver Igel. Das Künstlerquartier Oberschöneweide könne aber ein Dutzend Hochpreisflächen leicht verkraften. Für Künstler „mit kleinem Geldbeutel“ möchte Igel über das Atelierprogramm des Senats subventionierte Räume anbieten. Das müsse aber von der neuen Koalition noch „politisch vereinbart“ werden. Konkrete Projekte gebe es: Ein ehemaliges Oberstufenzentrum in der Wilhelminenhofstraße sei schon als Atelierfläche eingeplant, „das muss nur noch umgesetzt werden.“ Gespräche gebe es auch mit der Leuchtenfabrik.

Die Debatte um Nutzungskonflikte zwischen Gewerbe und Wohnen auf dem ehemaligen Industrieareal betrifft die Künstler nur indirekt. Auf einer Teilfläche sollen neue Wohnungen am Wasser entstehen, wahrscheinlich eher teure. Arme Künstler als Nachbarn dürfte die künftigen Bewohner kaum stören.

Anders sieht es mit Clubs aus. Nach dem „Kiki Blofeld“-Intermezzo in der Halle neben Adams’ Besitz ist im Juli auch das zweite Clubprojekt gescheitert. Die Räume des „Weyde3“ auf dem Areal der Spreehöfe werden bereits umgebaut. „Hier wird kein Club mehr einziehen“, sagt ein Mitarbeiter der Hausverwaltung. Viele Anwohner sollen sich über Lärms beschwert haben. Eine Bestätigung dafür gibt es bislang nicht – der Weyde3-Geschäftsführer Martin Koch hüllt sich in Schweigen.

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