Florian Schmidt: Kreuzbergs Baustadtrat setzt auf Gemeinwohl statt Hardrock-Hotel
Baustadtrat Florian Schmidt zeigt sich in Kreuzberg bürgernah: Noch in dieser Legislatur soll es 6.500 Baugenehmigungen geben - wenn sie dem Gemeinnutz dienen.
Florian Schmidt ist der Popstar unter Berlins Baustadträten: In Talkshows inzwischen so heimisch wie in Mieterversammlungen oder Demos gegen die Verdrängung. Zusammen mit Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hat er Friedrichshain-Kreuzberg zum gallischen Dorf umgebaut, das dem Ansturm der Römer – neudeutsch: der Kapitalisten – trotzt.
Aber jetzt kommen die Verhältnisse ist Rutschen: Weil auch der Regierende Bürgermeister die eigenen Wurzeln seiner „Mieterpartei“ wiederentdeckt, wird Schmidt zum Mainstream.
In Kreuzberg werde gebaut, nicht nur geschützt
Ganz oben angekommen, im achten Stock des Bezirksamtes in der Yorckstraße, hat Florian Schmidt am Mittwoch zur Erläuterung der Wohnungspolitik seines Bezirks das berlintypische Schwarz übergestreift. Ein paar Dinge wolle er geraderücken: Dass in Kreuzberg nicht gebaut, sondern nur der Bestand geschützt werde, stimme nicht.
Und mitnichten sei es so, wie der Chef der Firma Trockland glauben mache: dass sich Berlin entscheiden müsse zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Bei Trockland ist das natürlich ein Plädoyer für das Kapital, denn die Firma will den Checkpoint Charlie mit einem Hardrock-Hotel beglücken und bietet dafür dem Checkpoint-Museum teure Mietflächen in „seinem“ Quartier.
Schmidt hat das Gemeinwohl im Blick
Schmidt dagegen will einen dritten Weg gehen zusammen mit Genossenschaften, Banken und Stiftungen, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind.
Gemeinsam soll Kreuzberg weitergebaut werden und zwar mit Bürgerbeteiligung so wie beim „Haus der Statistik“ am Alexanderplatz. Dort entsteht nach langen Diskussionen ein gemeinsamer Block für Flüchtlinge, Mieter, Künstlern und sozialen Initiativen für und aus dem Quartier.
Transparente Stadtentwicklung
Solche „Kooperative Gremien“ sollen auch die „Grundfeste“ erarbeiten für das Dragoner Areal: also welche Nutzer die Bauflächen bekommen und ob nicht gar ein „genossenschaftliches Kollektiv“ alles gemeinschaftlich entwickelt.
Schmidt will gleichsam alle mitnehmen im Quartier und Stadtentwicklung nicht länger auskungeln lassen zwischen Bauherren und Verantwortlichen in den Bezirken.
6.500 Baugenehmigungen noch in dieser Legislatur
Eine Offenheit für diese neue Baupolitik erkennt Schmidt bei zwei Eigentümern von Bauflächen am Hafenplatz, wo bis zu 400 Wohnungen entstehen könnten. Der Baustadtrat will nämlich gegenüber dem Senat Wort halten und 6.500 Baugenehmigungen in dieser Legislatur erteilen.
„Sogar wenn Gröner nicht baut“, sagt Schmidt in Anspielung auf den Streit um den Umbau des Postcheckamtes zum Wohnturm. Gestritten wird nun schon vor Gericht, vorerst über die Entfernung eines Plakates von Bauunternehmer Christoph Gröner mit Schmähungen der rot-rot-grünen Baupolitik. Dabei ist Schmidt nicht mal gegen Hochhäuser: Sogar 120 Meter hoch hinaus könne es am Hafenplatz gehen – sofern es dem Gemeinnutz dient.