Streit um die Markthalle IX: Kreuzberger SPD unterstützt Kiezprotest gegen Aldi-Vertreibung
Auch die SPD will die Aldi-Filiale in der Kreuzberger Markthalle IX erhalten. Viele Anwohner beziehen Sozialleistungen und sind auf den Discounter angewiesen.
Die Stimmung rund um die Markthalle IX in Berlin-Kreuzberg ist gereizt. Anwohner protestieren gegen die Kündigung des Aldi-Marktes durch die Markthallenbetreiber zum 31. Juli. Am Mittwochabend beschloss die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg in zwei Anträgen, sich für eine „Halle für alle“ (SPD) und weitere Gespräche zwischen den Akteuren (Grüne) einzusetzen.
Zu einem „Runden Tisch“ hatten die Betreiber schon am vergangenen Dienstag geladen. Stadtrat Andy Hehmke (SPD) vertrat vor Ort das Bezirksamt und bewertet das Gespräch als „konstruktiv“. Die Nachbarschaftsinitiative „Kiezmarkthalle statt Luxus-Fress-Meile“ beschwerte sich, nicht eingeladen worden zu sein.
Der Betreiber betonte gegenüber dem Tagesspiegel, alle Initiativen eingeladen zu haben, darunter unter anderem die Initiative „M9“, das Forum Kreuzberg und den Bürgerverein Luisenstadt. Zusätzlich hätte die Initiative „Stimmung gegen uns Betreiber und die Händler der Markthalle“ gemacht, schreibt Mitbetreiber Nikolaus Driessen.
Die genannte Initiative hat für kommenden Sonnabend um 15 Uhr zur Kundgebung „Kiez-Markthalle statt Luxus-Food-Halle“ geladen. Zusätzlich zur Kündigung des Discounters kritisiert die Initiative, die Interessensbekundung der Betreiber für das „House of Food“. Das Projekt, mit dem die rot-rot-grüne Regierung gesundes Essen in öffentlichen Einrichtungen fördern will, soll ein Schulungsort für Köche werden.
Aldi ist für die meisten Anwohner das kleinere Übel des sozialen Ungleichgewichts – auch bei überregionaler Betrachtung. Mit Aldi verschwindet einer der letzten, großen Teile der Identifikation der Anwohnerschaft mit der Markthalle. Was das für die Zukunft bedeutet, wird dies zeigen...
schreibt NutzerIn javierR
Laut dem Hallenkonzept, mit dem die Betreiber 2011 den Zuschlag erhielten, soll die Halle, die mit ihren Foodevents viel hippes Publikum anzieht, auch „ein Angebot für Menschen jeden Alters, aller sozialer Schichten und Nationalitäten“ bereitstellen. Aktuell würden diese Versprechungen aber „ad absurdum“ geführt, kritisierte Reza Amiri (Linke) in der BVV.
Dass viele Nachbarn kostengünstige Nahversorgung brauchen, beweist Oliver Nöll (Linke) mit Zahlen: 25 Prozent der Nachbarschaft ist auf Sozialleistungen angewiesen, genauso viele wohnen in Bedarfsgemeinschaften. Es gehe nicht um die Verteidigung eines Discounter-Konzerns, sondern um einen Treffpunkt für alle im Kiez, betont Grünen-Fraktionssprecher Julian Schwarze.
Laut Stadtrat Hehmke soll kommende Woche das nächste öffentliche Treffen stattfinden, voraussichtlich in der Emmaus-Kirche.