Verkehrsberuhigung in Berlin: Kreuzberger Kiez sieht lauter grüne Punkte
Neue Markierungen auf der Fahrbahn stiften Verwirrung im Kreuzberger Bergmannkiez. Kunst ist es jedenfalls nicht.
Anwohner im Kreuzberger Bergmannkiez sahen nach dem Osterwochenende plötzlich neongrüne Punkte auf dem Asphalt. Ankündigungen über den Sinn der Zeichnungen vonseiten des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg gab es im Vorfeld nicht. Erst am Mittwochnachmittag gab es eine Pressemitteilung, dass die Bodenmarkierungen dazu da seien, Verkehrsteilnehmer auf die verkehrsberuhigte Tempo-20-Zone aufmerksam zu machen.
Die ersten Punkte wurden am Sonnabend an der Ecke Nostitzstraße von Straßenarbeitern mit Schablonen auf den Asphalt aufgesprüht. Weitere folgten am gestrigen Mittwoch vor der Zossener Straße. Ebenfalls neu sind weiße Bodenleitstreifen auf den Gehwegen sowie Piktogramme – ebenfalls in Neongrün –, die auf Parkflächen für den Lieferverkehr hinweisen sollen.
Vor dem Versand der Pressemitteilung des Bezirks ließ lediglich ein an das Schaufenster des Stadtteilausschusses Kreuzberg e. V. (Bergmannstraße 14) geklebter Plan vermuten, dass die Punkte zum Pilotprojekt „Begegnungszone Bergmannstraße“ gehören. Im März 2018 begann das 500 000 Euro teure Projekt mit den zwei ersten Parklets an der Ecke Nostitzstraße. Im Herbst wichen diese Möbel den temporär aufgestellten gelben Parklets, die bei der Anwohnerschaft auf viel Kritik stießen. Deswegen hatte die Bezirksverordnetenversammlung Ende Januar die vorzeitige Beendigung der Testphase gefordert. Am vorigen Wochenende waren die Parklets wegen des schönen Wetters allerdings gut besetzt.
Beim Begegnungsprojekt geht es nach Angaben des Bezirks-Baustadtrats Florian Schmidt (Grüne) aber um viel mehr als nur um die Parklets. Er nennt als Ziel die Reduktion des Durchgangsverkehrs und einen Ausbau der Radinfrastruktur. „Wir teilen den öffentlichen Straßenraum neu auf“, erklärt Schmidt. Ob die Parklets und die anderen testweise installierten Elemente wie Fahrradbügel, Poller und eben die Punkte bleiben, werde laut Bezirksamt nach Ende der Testphase entschieden.
Was aber hat es mit den neongrünen Punkten im Detail auf sich? Allen Verkehrsteilnehmern solle signalisieren werden, dass sie sich in einer verkehrsberuhigten Zone bewegen. „Die Verkehrsschilder, die auf Tempo 20 hinweisen, werden leider häufig nicht wahrgenommen. Die Bodenmarkierungen sollen daher die Beschilderung ergänzen und die Aufmerksamkeit der Fahrer wecken, ohne sie abzulenken“, sagt Bezirksamtssprecherin Sara Lühmann. Die Punkte stammten laut Lühmann aus dem Gestaltungskonzept von 2017, das gemeinsam mit Anwohnern entwickelt wurde. Die Neuerungen (Punkte und Piktogramme für die Ladezonen) kosteten insgesamt 146.500 Euro, Lühmann den Tagesspiegel.
Bei Straßenmarkierungen stellt sich allerdings auch die Frage nach dem rechtlichen Rahmen. „Eigentlich sind sie nicht mit der Straßenverkehrsordnung konform“, erklärt eine ADAC-Sprecherin. Es bestehe die Gefahr, dass sie Verwirrung verursachten, weil sie in keinem Regelwerk stehen. Der ursprüngliche Zweck der Markierung – mehr Aufmerksamkeit und Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer – wäre damit „komplett verfehlt“. Dennoch sei es grundsätzlich richtig, etwas Neues auszuprobieren. Die breite Öffentlichkeit müsse aber besser informiert werden.