Neutralitätsgesetz in Berliner Schulen: Kopftuch tragende Lehrerin bekommt Entschädigung
Zwei Bewerberinnen mit Kopftuch wurden für einen Lehrerposten in Berlin abgelehnt. Bewerberin Hatice C. erhält 6915 Euro Entschädigung. Der andere Fall wird noch geprüft.
Der Umgang mit Lehrerinnen, die im Schuldienst das muslimische Kopftuch tragen wollen, beschäftigt weiterhin das Land Berlin: Vor dem Berliner Arbeitsgericht wurden am Montag erneut Entschädigungsklagen zweier abgelehnter Lehramtsbewerberinnen verhandelt, die dem Land Berlin vorwarfen, wegen ihres Kopftuchs bislang nicht in den Schuldienst eingestellt worden zu sein. Beide Frauen hatten sich als Quereinsteigerinnen für die Fächer Mathematik und Informatik Anfang Januar für eine Stelle an einem Berliner Gymnasium beworben. Ein erstes Bewerbungsgespräch habe mit dem Hinweis geendet, dass das Tragen des muslimischen Kopftuchs in den betreffenden Schulen nicht möglich sei.
Im Fall der Bewerberin Hatice C. einigten sich die Klägerin und das Land Berlin zunächst in einer Güteverhandlung. Demnach wird das Land Berlin verpflichtet, eine Entschädigung in Höhe 6.915 Euro zahlen. Im Fall der Bewerberin Abeer K. soll das weitere Vorgehen noch geprüft werden, sagte Rechtsanwältin Maryam Haschemi Yekani. In beiden Fällen kann noch bis 17. Juli Widerspruch eingelegt werden.
Weitere Vorfälle
Erst Anfang Februar hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in zweiter Instanz das Land Berlin dazu verurteilt, einer abgewiesenen Lehramtsbewerberin mit muslimischem Kopftuch eine Entschädigung von 8.680 Euro zu zahlen. Das Gericht ging von einer Benachteiligung der Klägerin im Sinne von Paragraf 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aus.
Weiter forderten die Richter, das Berliner Neutralitätsgesetz - das religiöse Symbole bei Lehrkräften an staatlichen Schulen weitgehend verbietet - verfassungskonform auszulegen. Laut Bundesverfassungsgericht ist demnach ein generelles Verbot eines muslimischen Kopftuchs ohne konkrete Gefährdung des Schulfriedens nicht zulässig.
Die Sprecherin der Berliner Senatsbildungsverwaltung, Beate Stoffers, verwies darauf, dass die Bewerbungsverfahren der beiden Klägerinnen im Januar stattgefunden hatten und damit vor dem jüngsten Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg. Inzwischen habe die Berliner Schulverwaltung das Einstellungsverfahren geändert. „Es werden im Bewerbungsgespräch keine religiösen Merkmale und Symbole angesprochen“, sagte Stoffers.
Zudem verwies die Sprecherin darauf, dass eine Klägerin zunächst auch bereit gewesen sei, eine Perücke zu tragen. „Und es gab auch eine Schule, in die sie hätte gehen können“, so Stoffers. Dann habe die junge Frau von diesem Kompromiss wieder Abstand genommen. Wie unterdessen weiter bekannt wurde, läuft derzeit ein weiteres Bewerbungsverfahren der jungen Frau. Diesmal will sie als Lehrerin an einer Berliner Berufsschule tätig werden, wo das Tragen des muslimischen Kopftuches erlaubt ist.
Vor dem Hintergrund des Berliner Neutralitätsgesetzes sorgt das Tragen von religiösen Symbolen an Schulen in der Bundeshauptstadt immer wieder für Streit. Zuletzt war auch einer Lehrerin, die eine Kette mit einem Fisch-Anhänger trug, von ihrer Schule das Tragen des christlichen Symbols untersagt worden. Die Berliner Senatsbildungsverwaltung will noch vor den Sommerferien Mitte Juli eine Orientierungshilfe veröffentlichen, wie künftig mit religiösen Symbolen im Schuldienst umgegangen werden soll.
(epd/dpa)
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