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Auf der Elisabeth-Aue in Pankow sollen Wohnungen entstehen - im Sinne des Gemeinwohls, sagt Bausenator Andreas Geisel.
© Bürgerinitiative "Elisabeth-Aue"

Andreas Geisel in Pankow ausgepfiffen: Konflikt um Wohnungsbau auf der Elisabeth-Aue

Es könnten gute Tage für Mieter sein: Die Preisbremse gilt und das Volksbegehren erhält viel Zuspruch. Doch der Kampf um neue Wohnungen wird heftig geführt – im Norden Pankows tobt der Widerstand.

Die Bürger wollen es nicht, der Bezirk will es nicht – der Senat macht es trotzdem. Fast schon trotzig kehrte Bausenator Andreas Geisel (SPD) im Rathaus Pankow ein, um dem Bezirkschef eine gemeinsame Absichtserklärung zur Errichtung von 5000 Wohnungen auf den rund 74 Hektar Ackerfläche der Elisabeth-Aue vorzulegen. Dabei wusste er: Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) wollte das Papier nicht unterschreiben, aber unter die Wutbürger am Eingang des Rathauses wollte er sich auch nicht mischen.

Mit Trillerpfeifen und Buhrufen empfing ein Dutzend Aktivisten den Senator. Sie beklagten auf Plakaten die „Geiselhaft“ des Bezirksbürgermeisters, geißelten die „Hinterzimmerpolitik“ des Regierenden und forderten: „Rettet die Elisabeth-Aue“. Am Tag eins der Mietpreisbremse, am Tag der Übergabe von fast 50 000 Unterschriften für den „Mietenvolksentscheid“, an einem weiteren schweren Tag für jeden, der mit wenig Einkommen eine bezahlbare Wohnung in Berlin sucht, stößt nun auch das Ersatzprojekt für die vom Volk gekippte Bebauung des Tempelhofer Feldes auf massiven Widerstand.

Gemeinwohl contra "Partikularinteressen"

Den Protesten werde er sich nicht beugen, erklärte Geisel später. Am Freitag hatte er bei der Wohnungsbaugesellschaft Mitte für Neubauten geworben und „da lief es so ähnlich ab“. Den „Protest ernst zu nehmen“, sei „jedes Mal eine neue Herausforderung“ – aber „abducken hilft nicht“. Denn 12 000 bis 15 000 Wohnungen jährlich müssten entstehen, damit die 40 000 Menschen ein Dach über den Kopf finden, um die Berlin jedes Jahr wächst. Kurzum, es gehe „um das Gemeinwohl“ und das stehe höher als „Partikularinteressen“.

Dass Pankows Bürgermeister Köhne die Absichtserklärung nicht unterschrieb, war die Konzession von Geisels Parteifreund an die Bezirksverordnetenversammlung. Diese folgte im Februar mehrheitlich einem Bürgerantrag gegen die Bebauung der Elisabeth-Aue. Köhnes Weigerung war gleichsam symbolisch, denn er erklärte sodann, dass es keine Alternative zu großen Wohnungsbauprojekten auf landeseigenen Grundstücken gibt: Nur so seien Kitas, Schulen, Sportplätze und Verkehrsverbindungen zu finanzieren für den von Neuberlinern bevorzugten Großbezirk Pankow, der um 90 000 Bewohner in den letzten 25 Jahren gewachsen ist.

Verkehrsanschluss bleibt vage

Kräftig warben Geisel und sein Mann für die Fakten, Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup, sodann für die „Gartenstadt des 21. Jahrhunderts“. Viel Grün soll die einmal bieten und außerdem soll es bezahlbare Wohnungen geben in einem neuen lebendigen Quartier. Schulen, Kitas und Sportflächen würden außerdem entstehen. Der Verkehrsanschluss bleibt aber vage.

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen Howoge und Gesobau sollen etwa 2000 Wohnungen auf der Elisabeth-Aue errichten. Genossenschaften und Baugruppen könnten auch zum Zuge kommen, die ja oft auch für Haushalte mit überschaubaren Einkünften bauen. Geisel will aber „Gewinne abschöpfen“, die bei der Umwandlung des Ackerlandes in wertvolle Baufläche abfallen, und mit diesem Geld die Infrastruktur finanzieren. Wie viel Spielraum danach für bezahlbaren Wohnraum übrig bleibt, wird sich wohl erst im Jahr 2025 erweisen, wenn die neue Siedlung steht. Noch gibt es eben nur eine „Absicht“ zu bauen und einen Zeitrahmen: Im Herbst kommenden Jahres soll ein städtebaulicher Wettbewerb entscheiden, welche Größe und Gestalt die Siedlung annimmt. Im Jahr 2017 werden Architekten ausgewählt, die die Baukörper gestalten. Im Frühjahr 2019 sollen die ersten Bauarbeiten beginnen. Rücksicht will der Senat dabei auf das alte Dorf Blankenfelde nehmen, mit den Neubauten einen gebührenden Abstand halten und den Siedlungsrand klar begrenzen. Den Protestlern im Rathaus reicht das nicht.

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