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Ratlosigkeit in der Koalition: Wie soll es nach der gescheiterten Gasnetz-Vergabe an "Berlin Energie" weiter gehen?
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Gasnetz-Vergabe: Koalition ratlos über Gasnetz-Zukunft

Die Gasnetz-Vergabe an die landeseigene Firma Berlin Energie ist gescheitert. Und wie geht’s nun weiter? Es gibt gleich mehrere Möglichkeiten.

Nach dem Scheitern der Gasnetz-Vergabe an das landeseigene Unternehmen Berlin Energie ist man in der Koalition ratlos, wie es weitergehen soll. „Der neue Senat unter Michael Müller wird sich zusammensetzen und weitere Strategien überlegen“, sagte Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) am Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss. Es gibt mehrere Varianten: Das Land geht gegen das Urteil in Berufung, strengt eine Kooperation mit der Gasag AG an – oder das komplette Verfahren wird wiederholt. Letzteres könnte jedoch wiederum juristische Schritte nach sich ziehen.

Der Vorsitzende Richter der 16. Kammer des Landgerichts, Peter Scholz, hatte nämlich den Hauptantrag im Klageverfahren der Gasag, das Gericht möge für einen Konzessionsvertrag mit dem Land Berlin entscheiden, abgewiesen. Man könne deshalb „nicht zum Verhandlungsabschluss“ verurteilen, da das Abgeordnetenhaus zunächst einem solchen Abschluss hätte zustimmen müssen. Richter Scholz stellte die Bewerbung der Gasag jedoch nicht infrage. Vorbehaltlich der voraussichtlich im Januar zu erwartenden Urteilsbegründung prüft die Gasag die Situation nach dem Urteil „intensiv“, sagte der Konzernsprecher Rainer Knauber. Das Verfahren sei nicht

abgeschlossen und nach dem Ausschluss von Berlin Energie sei die Gasag mit der Netztochter NBB der einzig verbliebene Bieter. „Ob ein Neustart des Vergabeverfahrens ohne Weiteres möglich ist, ist sehr unklar und kann juristisch erst nach Vorliegen der Urteilsbegründung geprüft werden“, sagte Knauber. Ergo: Ausgeschlossen ist eine weitere Klage nicht.

Prozess oder Kooperation

Die Gasag hatte zwei Angebote unterbreitet: eines für die alleinige Konzession, das andere für ein Kooperationsmodell mit dem Land. Nach Tagesspiegel-Informationen hat das Unternehmen dem Land 25,1 Prozent Anteile an der Netzgesellschaft NBB angeboten mit der Option, die Anteile zu erhöhen. Zu diesem Kooperationsangebot steht die Gasag noch.

SPD-Umweltpolitiker Daniel Buchholz nannte einen Einkauf in die Gasag eine „kleine Lösung“. Der Rekommunalisierungsbefürworter schließt eine Kooperation grundsätzlich also nicht aus, verweist aber auch noch auf die ausstehende Urteilsbegründung.

Erst nach der Vorlage könnte das Land in Berufung gehen. Die Folge wäre wohl ein langwieriger Rechtsstreit. „Bis Mitte Januar ist noch Zeit, einen Vergleich hinzukriegen“, sagte Grünen-Politiker Michael Schäfer. Er fordert vom Land, die Bewerbung des landeseigenen Unternehmens Berlin Energie zurückzuziehen und eine Kooperation mit der Gasag einzugehen. „Bevor man fünf Jahre herumprozessiert, sollte man lieber für eine Laufzeit von zehn Jahren den Fuß in der Tür drin haben“, sagte Schäfer. Der Politiker hätte auch am liebsten eine Rekommunalisierung der Netze, doch das ist laut der eindeutigen Äußerungen der Kammer am Dienstag im Landgericht mit dem landeseigenen Unternehmen Berlin Energie nicht möglich. Das Landgericht äußerte wie berichtet erhebliche Zweifel an der grundsätzlichen Bieterfähigkeit von Berlin Energie.

CDU zweifelt, SPD wartet

Der Vorsitzende Richter wies mehrfach auch auf das parallel laufende Verfahren zur Stromnetz-Konzession hin. Der am Donnerstag aus dem Amt scheidende Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hatte wie berichtet den zweiten Verfahrensbrief überarbeitet und bewertete Unterpunkte in dem Kriterienkatalog ergänzt – wie es zuvor höchstrichterliche Urteile auch forderten. Das Problem aber: Auch in diesem Verfahren tritt Berlin Energie in derselben Rechtsform, die das Landgericht rügte, als Bieterin auf. Ursprünglich sollte der überarbeitete Verfahrensbrief für die Vergabe der Stromkonzession bereits am vergangenen Dienstag im Senat behandelt werden. Das wurde jedoch verschoben. Ob der Senat tatsächlich nächsten Dienstag den Brief in geänderter Fassung verabschiedet, ist sehr fraglich. Aus CDU-Kreisen ist zu hören, dass man das als „schwerlich möglich“ betrachtet. In der SPD wartet man auf eine Direktive von Michael Müller als neuem Regierenden Bürgermeister und von Nußbaum-Nachfolger Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Wahrscheinlich wird sich der Senat in diesem Jahr aber nicht mehr mit dem Verfahrensbrief im Stromnetz-Konzessionsverfahren befassen. Für die Verbraucher ändert sich ab 2015 zunächst nichts. Die Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin ist nach Auslaufen des Konzessionsvertrags Ende des Jahres in dem Karenzjahr 2015 weiter für das Stromnetz verantwortlich, die Gasagtochter NBB betreibt auch ein Jahr nach Auslaufen der Konzession das Gasnetz per Interimsvereinbarung weiter.

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