Schrebergärten in Berlin: Kleingärtner fordern mehr Sicherheit
Die Berliner CDU lädt zur Kleingartenkonferenz ins Abgeordnetenhaus. Das Fehlen einer verlässlichen Perspektive verunsichert die Pächter.
Am Anfang der Diskussionsrunde steht die Erkenntnis, dass es in der Kleingartenpolitik nicht anders zugeht als in vielen anderen Politikfeldern in Berlin: Schneller könnte es gehen und Unsicherheit herrscht allenthalben. Das weiß der Gastgeber Stefan Evers als Mitglied des BER-Untersuchungsausschusses nur zu gut. An diesem Dienstagabend ist der CDU-Politiker aber als Sprachrohr der Kleingärtner angetreten, etwa 100 Kleingärtner aus Kolonien von Britz bis Spandau sind seiner Einladung zur Kleingartenkonferenz im Abgeordnetenhaus gefolgt.
CDU eignet sich linkes Thema an
Die meisten von ihnen säßen wohl lieber in den etwas kühleren Lauben, scherzt er in seiner Begrüßungsansprache in dem saunaartig aufgeheizten Raum. Einen Seitenverweis auf die Bundestagswahl kann er sich nicht verkneifen, ansonsten ist die Veranstaltung wohl eher als verfrühter Wahlkampf für die Abgeordnetenhauswahl 2021 zu verstehen. Kleingärten und Kampf um den Stadtraum seien sonst eher linke Themen, aber das Kleingartenwesen sei schließlich auch zur Ertüchtigung und zur Volksbildung, nicht nur aus der Armenfürsorge entstanden, erklärt Evers seine Initiative.
Kleingartenentwicklungsplan kommt kaum voran
Diese Funktionen sind in Gefahr, da ist man sich hier einig. Der Kleingartenentwicklungsplan wird seit 2004 nur fortgeschrieben, Schutzfristen immer nur auf fünf Jahre ausgesprochen. Günter Landgraf, Präsident des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde und damit Sprecher von 67 000 Berliner Kleingartenpächtern, beschreibt als Mitglied der Steuerungsgruppe zum Entwicklungsplan, wie mühsam die Arbeit an dem Plan vonstatten geht. „Wir wollen jetzt auch keine Hauruckaktion“, kommentiert er den seit 2014 laufenden Prozess und erntet dafür Gelächter. Gabriele Gutzmann spiegelt die Unsicherheit der Kleingärtner. Sie ist Vorsitzende der Kolonie am Stadtpark, die nur bis 2020 unter Schutzfrist steht. „Wir machen uns natürlich Sorgen“, sagt sie und spricht dafür für viele besorgte Kleingärtner, die sich an diesem Abend mit Beispielen von Verdrängung und Unsicherheit aus ihren Kolonien zu Wort melden.
Positive Vision statt Abbauschutz
Ein dauerhafter Schutz der Kleingärten müsse her, etwa durch die Einbeziehung von Kleingärten als Stadtgrün in die bezirklichen Bebauungspläne, denn gerade die innenstadtnahen Anlagen müssten erhalten werden und dürften nicht der Innenstadtverdichtung zum Opfer fallen, meint Andreas Faensen-Thiebes, Landesvorstand des BUND. „Berlin ist eine polyzentrische Stadt, Innenentwicklung ist nicht dasselbe wie Innenstadtentwicklung“, so der Biologe. Buch, Rudow und Köpenick seien autarke Städte in der Stadt, deshalb müsse man nicht nur an Entwicklung innerhalb des S-Bahnrings denken. Überhaupt brauche man positive Visionen für die Kleingärten, die in einer stetig wachsenden Stadt wichtige ökologische, klimatische und Erholungsfunktionen erfüllten. „Lebensqualität ist nicht nur auf Wohnen beschränkt, das schließt auch Erholung im Grünen mit ein“, lautet ein Beitrag aus dem Publikum. Evers stimmt ein: Kleingärten seien viel wertvoller als „die flache grüne Wiese mit einem Mülleimer, vielleicht noch einer Bank und einem Aroniabaum daneben.“ Auch Gemeinschaftsgärten sieht er kritisch. Sie seien weder auf Dauer angelegt noch hätten sie die „Verantwortungskultur“, die in Kleingartenanlagen herrscht.
Platzmangel auch für Kleingärten
Diese Langfristigkeit führt allerdings auch dazu, dass die Wartelisten für Kleingärten mittlerweile lang sind. Wartezeiten von zwei bis drei Jahren bewerten manche Anwesende eher noch als kurz. Die mögliche Aussicht auf neue Kleingartenflächen wird an diesem Abend zum Thema, es überwiegt die Sorge um die zu erhaltenden Flächen und wohl auch die Überzeugung, dass angesichts der Raumknappheit in der Stadt Neugründungen utopisch sind.
Forderung nach Gesamtkonzepten
Zukunftsvisionen gibt es dennoch: Ganzheitliche Ansätze auf Landes- aber auch auf Bezirksebene seien notwendig, so Faensen-Thiebes. „Uns fehlt das Gesamtkonzept aus Wohnen, Gewerbe, öffentlicher Infrastruktur wie Schulen und Stadtgrün“. Gutzmann fordert, dass der Kleingartenentwicklungsplan bei stadtplanerischen Vorhaben höhere Priorität erhalten müsse. Sie erinnert sich daran, dass der Senat bereits 1992 nicht nur einen Plan zur Erhaltung der bestehenden Kleingartenanlagen forderte, sondern auch bestehende Wartelisten abbauen wollte. Erneutes Gelächter im Saal. Bei aller Frustration: Ihren Humor haben die Kleingärtner noch nicht verloren.
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