Nach dem Rücktritt: Klaus Wowereit: "Es gab so viel Häme, so viel Gülle"
Dokumentiert: Klaus Wowereit spricht im Radio über Gülle, Weltmeister, Spaß und Vertraulichkeit. "Ich habe mit meinem Freund, dem Jörn, geredet."
Gute Nerven und ein dickes Fell – das sind Klaus Wowereit zufolge zwei der wichtigen Voraussetzungen, um im Amt des Regierenden Bürgermeisters bestehen zu können. Dass der scheidende Regierungschef hinter seinem dicken Fell und den starken Nerven doch auch auf Kritik an seiner Person und politische Herausforderungen reagiert, erzählte er am Mittwochmorgen in einem Interview mit der Radiosender „104,6 RTL“. Wir dokumentieren auszugsweise einige Passagen daraus.
Wie fühlt es sich am Tag nach der Verkündung seiner Entscheidung an?
Eigentlich wie an jedem Tag. Er fängt ja wieder früh an mit Interviews. Aber gestern war schon ein besonderer Tag, das ist mir auch nicht leicht gefallen.
Wann hat er sich entschieden?
Würde mal sagen am Montag. Ich bin ja auch ’ne Waage, die schwankt manchmal hin und her. Natürlich gab es immer wieder mal Situationen, wo man sagt: Mensch, das kannste doch nicht machen, da hängt viel dran. Überlegungen hat es schon in der Sommerpause gegeben. Da guckt man mal, wann kann ein schöner Termin sein? Dann sind wir auf einmal Weltmeister geworden und die Nationalmannschaft hat sich angesagt, nach Berlin zu kommen. Das hätte der Tag sein können, da war dann ja auch Senatssitzung, der ging auf einmal nicht mehr.
Mit wem hat er sich vorher abgestimmt?
Natürlich habe ich mit meinem Freund, dem Jörn, geredet. Ansonsten ist es leider so, man kann da wenig diskutieren, weil heute alles sofort rausgeht. Das ist insgesamt ein Problem der Politik, es gibt leider wenig Zeit zum Nachdenken. Und wenn man nachdenkt über komplizierte Sachverhalte, wird alles schnell nach außen getragen.
Welche Rolle spielte der BER bei der Rücktritts-Entscheidung?
Das hat natürlich meine letzten Jahre besonders bestimmt seit der Verkündung des Nicht-Eröffnungstermins. Es gab so viel Häme, so viel Gülle natürlich hauptsächlich über meine Person, das ist schwer zu ertragen. Ist schon ein bisschen merkwürdig gewesen, aber so ist die Welt. Uns hat die komplizierte Entrauchungsanlage einfach das Genick gebrochen. Das ist schwierig und mir tut es unendlich leid, dass wir das bis heute nicht in den Griff bekommen haben.
Wie fühlt man sich, wenn man nicht mehr der beliebteste Politiker ist?
Man will natürlich immer der Beliebteste sein, ist doch ganz klar. Macht ja auch keinen Spaß da ganz hinten. Auf der anderen Seite habe ich viele Jahre ganz vorne gestanden. Wenn man die Berliner fragt, sind sie denn zufrieden, dann sage ich mal, ich bin auch unzufrieden, dass der Flughafen nicht fertig wird. Das kann man dann auch nachvollziehen. Wenn sich das dann auf eine Person konzentriert, na, das ist dann eben so in einer Mediengesellschaft.