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Die Tischfussballer während des Finales des Tischfußball-Turnier «Battle of Champions» des Deutschen Tischfußball Bundes.
© Jens Schlueter/dpa-Zentralbild

Sportstadt Berlin: Kickern am Müggelsee

Im Tischfußball gibt es sogar eine Bundesliga. Und demnächst vielleicht ein Leistungszentrum im Strandbad Rahnsdorf.

Das Strandbad Müggelsee hat nicht ganz das Renommee und die Strahlkraft der großen Schwester vom Wannsee. Doch diesem Minderwertigkeitskomplex könnte bald abgeholfen werden. Der Deutsche Tischfußballbund möchte im Strandbad ein "Bundesjugend-Leistungszentrum" einrichten. Am 8. Februar soll es dazu ein Sondierungsgespräch im Bezirksamt von Treptow-Köpenick geben. "Wir sind grundsätzlich dafür offen", sagte Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) dem Tagesspiegel.

Bei Tischfußball denken viele an Kneipenspaß oder Hobbykeller, weniger an eine ernsthafte Sportart. Doch inzwischen gibt es eine organisierte Vereinslandschaft mit einem "Bundesleistungszentrum" in Hannover, einer Bundesliga mit Spitzenreiter TFBS Koblenz und einem "World Cup", der in diesem Jahr in Hamburg ausgerichtet wird. Durch zwei Gerichtsurteile 2010 und 2012 ist "Drehstangen-Tischfußball" als gemeinnütziger Sport anerkannt, anders etwa als Tipp-Kick, Skat oder Gotcha.

Das Strandbad liegt abgeschieden, das war bislang ein Problem

Was ein Jugend-Leistungszentrum im Strandbad bedeuten würde, ist noch sehr vage. "Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein ganzjähriges, speziell auf Berliner Kinder und Jugendliche einerseits sowie nationale und internationale Trainingsgruppen andererseits ausgerichtetes Konzept darstellbar ist", erklärt Engelbert Diegmann, Vorsitzender der Deutschen Tischfußballjugend.

Und weiter: "Das Strandbad Müggelsee ist auf den ersten Blick an einem warmen Sommerabend sehr reizvoll, hat aber aufgrund seiner exponierten und abgeschiedenen Lage die Eigenart, dass in den vergangenen 25 Jahren Konzepte aller Art ausnahmslos gescheitert sind." Das scheint die Tischfußballer nicht zu schrecken.

Baden mit Kick. Das Strandbad Müggelsee könnte zur Trainingsstätte für Tischfußballer werden.
Baden mit Kick. Das Strandbad Müggelsee könnte zur Trainingsstätte für Tischfußballer werden.
© Kitty Kleist-Heinrich

2006 gaben die Bäderbetriebe das marode Strandbad an den Bezirk zurück. Der suchte jahrelang vergeblich nach Investoren. Zuletzt wollte ein Unternehmer eine große Wellness-Oase errichten, für rund sechs Millionen Euro. Doch für diese kommerzielle Nutzung musste das als Sportstätte eingetragene Gelände erst entwidmet werden. Das dauerte dem Investor zu lange. Seit vergangenem Jahr gibt es einen neuen Fahrplan in die Zukunft: Bund und Land zahlen zusammen acht Millionen Euro für eine denkmalgerechte Sanierung.

Dafür wurde das Strandbad zum "Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung" erhoben. Die Förderung schließt allerdings laut Igel eine kommerzielle Nutzung aus. "Das Strandbad wird Strandbad bleiben", mit Imbiss, Umkleide, einfacher Sauna und einem Laden für Badeartikel. Und, vielleicht, mit Tischfußball.

Die Tischfussballer Felix Droese (r) vom VFB Rodheim Horloff und Alexander di Bello (l) vom TFBF Koblenz.
Die Tischfussballer Felix Droese (r) vom VFB Rodheim Horloff und Alexander di Bello (l) vom TFBF Koblenz.
© Jens Schlueter/dpa-Zentralbild/dpa

Nach der Sanierung werde es Räumlichkeiten geben, die man vermieten kann, sagt Igel. Je nach Flächenbedarf könnten die auch ein paar Kickertische beherbergen. Der Eintritt zum Bad soll auf jeden Fall kostenlos bleiben. Mitarbeiter des Vereins Agrarbörse Ost kümmern sich derzeit um den Betrieb, der Bezirk zahlt die Kosten dafür, rund 100 000 Euro im Jahr.

Die Bäder Wannsee und Müggelsee haben sich historisch ähnlich entwickelt, beide erhielten 1930 ihre heutige Gestalt. Während zu Mauerzeiten die Bewohner West-Berlins raus zum Wannsee fuhren, reisten die Ost-Berliner an den Müggelsee. Nach der Wende begann dort der Niedergang, es wurde nichts mehr investiert, obwohl es mit Sandstrand und großer Flachwasserzone besonders familientauglich ist.

Großgaststätte soll nicht erhalten bleiben

Streit zwischen Bürgern und Bezirksamt gibt es wegen einer derzeit ungenutzten Großgaststätte, die nach Meinung der Denkmalschützer nicht erhalten werden sollte. Die Gaststätte sei inzwischen nur noch eine Ruine, die die benachbarte historische Bausubstanz schädige, heißt es im Bezirksamt. Die Abrissplanungen laufen bereits.

Auch die Fachleute aus dem Haus von Bundeskulturministerin Monika Grütters (CDU), die die Fördergelder verwaltet, bestünden darauf, dass der Betonbau aus den 70er Jahren verschwindet. Die Mitglieder des Vereins "Bürger für Rahnsdorf" wollen ihn dagegen erhalten. Sie unterstützen weiterhin das Konzept einer kommerziellen Wellness-Oase mit Restaurant und Partyveranstaltungen. Die Sanierungspläne würden derzeit ohne Beteiligung der Bürger vorangetrieben, sagt Monika Zimmer.

Igel verspricht eine Bürgerversammlung, wenn das Sanierungskonzept vorliegt. Dennoch ist für ihn klar, dass das "Geschenk" über acht Millionen Euro nur kommt, wenn "der ursprüngliche Zustand des Strandbads wiederhergestellt wird", wie in den 30er Jahren – ohne Würfel, Wellness und Party. Die Bürger hätten "überzogene Erwartungen", sagt Igel.

Die eigentlichen Sanierungsarbeiten an den historischen Bauten sind für 2018 vorgesehen. 2019 könnte das Bad dann wieder eingeweiht werden. Mit oder ohne Tischkicker.

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