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Beim Deutschlesen schneiden die bilingual unterrichteten Kinder in Berlin sogar etwas besser ab als Schüler aus regulären Klassen.
© Kitty Kleist-Heinrich

Bilanz Europaschulen in Berlin: Keine Nachteile im Deutschen, besser im Englischen

Erstmals wurden die Ergebnisse von Berlins Staatlichen Europaschulen ausgewertet. Die Befunde unterstützen all jene, die einen Ausbau des zweisprachigen Modells fordern.

Zum baldigen 25. Geburtstag gibt es gute Nachrichten aus den Europaschulen: Trotz der Doppelbelastung durch die Zweisprachigkeit haben die Schüler keinen Nachteil bei der Lesefähigkeit im Deutschen und erreichen ähnliche Leistungen in Mathematik und Naturwissenschaften wie in einsprachigen Schulen. Auffällig sind zudem deutlich bessere Resultate im Englischen – unabhängig davon, welche der Partnersprachen die Schüler lernen. Dies sind zentrale Ergebnisse der ersten großen Europaschulstudie, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sprach angesichts der Befunde von einem "Erfolgsmodell".

Die Studie belegt, dass die rund 7000 Europaschüler beim Deutschlesen sogar etwas besser abschneiden als die gleichaltrigen Schüler aus regulären Klassen. Das gilt für die Kinder, die zu Hause bilingual aufwachsen sind, ebenso wie für die Mitschüler, die nur eine der beiden Sprachen mit ihren Familien sprechen. Die auffallend guten Ergebnisse in Englisch begründen die Forscher damit, dass die "duale Immersion" das Erlernen einer weiteren Fremdsprache offenbar begünstige.

Die befürchtete soziale Trennung kann nicht bestätigt werden

Auch die lang gehegte Befürchtung, das Europaschulmodell könne zu einer sozialen Segregation führen, hat sich nicht bestätigt. Der "sozioökonomische Hintergrund" der Kinder ist lediglich in einzelnen Europaschulen – vor allem im Zusammenhang mit den Partnersprachen Englisch und Französisch – erhöht. Das liegt daran, dass Familien mit einem hohen Bildungsanspruch und einem deutschen Hintergrund sich eher für diese Sprachen entscheiden. In den anderen Sprachen ist dies nicht der Fall.

Die Untersuchung war von den renommierten Bildungsforschern Jürgen Baumert und Jens Möller geleitet und vom Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache kofinanziert worden. Dabei stellte sich auch heraus, dass Türkisch, Russisch, Polnisch und Griechisch mit Abstand am meisten von muttersprachlichen Familien gewählt werden. Der Anteil der Kinder, die zu Hause nur Deutsch sprechen, liegt in diesen Europaklassen bei zwei bis 17 Prozent. Ursprünglich war als Ziel ausgegeben worden, dass das Verhältnis 50 zu 50 sein sollte. Von dieser nur noch formalen Vorgabe werde man sich wohl ganz trennen, stellte Scheeres in Aussicht.

In Zukunft soll das Modell ausgeweitet werden

Angesichts der guten Ergebnisse der Europaschulen steht bereits fest, dass das Modell nicht nur bewahrt, sondern auch ausgebaut werden soll. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Doppelsprachigkeit die Integration fördert: Es hat sich bei der Untersuchung herausgestellt, dass Europaschulkinder anderen Kulturen gegenüber aufgeschlossener sind und auch eher Kinder aus dem jeweils anderen Kulturkreis zu sich nach Hause einladen.

Zum Modell der Europaschule gehört, dass die Kinder zunächst in ihrer jeweiligen Muttersprache und erst anschließend in der Zweitsprache alphabetisiert werden. In den weiteren Jahren werden einige Fächer noch getrennt in den beiden Partnersprachen unterrichtet. Ab der neunten Klasse findet der gesamte Unterricht gemeinsam statt. Mit Ländern wie Italien gibt es Abkommen darüber, dass die Berliner Schulabschlüsse auch im Partnerland anerkannt werden. In diesem Fall entfällt etwa die Aufnahmeprüfung an der Universität, die sonst für Ausländer Pflicht ist.

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