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Keine Nachschubproblem. Im Abgeordnetenhaus wird derzeit über die rechtliche Lage der Spätis diskutiert.
© Kitty Kleist-Heinrich

Sonntagsöffnung in Berlin: Keine Ausnahme für Spätis in Sicht

Die BVV Neukölln möchte, dass Spätis auch am Sonntag öffnen können. Rot-Rot-Grün hat eine Gesetzesänderung nicht auf dem Programm.

Wenn auf der Party zu später Stunde das Bier ausgeht oder einen des Nachts der Heißhunger auf Spaghetti überkommt, gibt’s Rettung im „Späti“. Zumindest in den Innenstadtbezirken. Und wenn am Sonntag gähnende Leere im Kühlschrank herrscht, kann man sich dort in der Regel ebenfalls wieder Vorräte zulegen.

Letzteres dürfte eigentlich nicht möglich sein. Denn das Berliner Ladenöffnungsgesetz bedeutet auch für die Spätverkaufsstellen, die so liebevoll als Späti abgekürzt werden, dass sie am siebten Tag der Woche geschlossen sein müssen. Aber daran halten sich nicht viele; und Verstöße werden nur in wenigen Fällen geahndet.

Jetzt hat die Bezirksverordnetenversammlung in Neukölln mit einer knappen Mehrheit einen Vorstoß unternommen, um eine Legalisierung der Sonn- und Feiertagsöffnung für die Spätis wieder ins Gespräch zu bringen. Das Bezirksamt soll sich beim Rat der Bürgermeister für eine entsprechende Liberalisierung der Öffnungszeiten für inhabergeführte Spätis einsetzen.

Der von der FDP stammende Antrag fand eine bemerkenswerte Mehrheit mit Hilfe der Grünen, einer der beiden AfD-Fraktionen in der BVV, der CDU, sowie gut einer Hälfte der Sozialdemokraten. Die andere Hälfte der SPD-Fraktion stimmte mit der Linken und der zweiten AfD-Fraktion dagegen.

"Führen keinen Feldzug gegen Spätis"

Bezirksbürgermeister Martin Hikel, Sozialdemokrat, hält nicht viel von einer Sonderregelung für die Spätis. Er hält sie auch nicht für durchsetzbar. „Was man den Spätis erlaubt, müsste auch für den großen Supermarkt gelten“, sagt Hikel. Und das wäre dann auch nicht im Interesse der Spätis.

Bereits vor einigen Jahren galt Neukölln als streng, Verstöße zu ahnden. Hikel sagt: „Wir führen keinen Feldzug gegen Spätis.“ Oft gebe es Hinweise von Nachbarn oder der Konkurrenz, die sich an das Gesetz hielten. Dem müsse das Ordnungsamt nachgehen.

Die Ordnungsstadträtin im Nachbarbezirk Tempelhof-Schöneberg, Christiane Heiß (Grüne), hält den Neuköllner Beschluss für „nicht nachvollziehbar“, da er zu einer Ungleichbehandlung von Handelsbetrieben führen würde. „Die Sonntagsschließung ist verfassungsrechtlich und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung festgelegt“, sagt Heiß. Dies habe seinen Niederschlag im Berliner Ladenöffnungsgesetz gefunden. Den Begriff „Späti“ hält sie für verfehlt, „da alle Geschäfte an sechs Tagen der Woche 24 Stunden geöffnet haben dürfen“.

Berlin ist bereits liberal

Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) winkt bei dem Thema nur ab: „Ja, der Späti ist ein Berliner Lebensgefühl.“ Der ironische Unterton ist nicht zu überhören. Tatsache sei aber, der Späti sei eine Verkaufsstelle wie jede andere auch – und für diese gelte nun einmal das Ladenöffnungsgesetz, das in Berlin bereits äußerst liberal sei.

Von Ausnahmen für inhabergeführte Spätis hält sie nichts. Da sei auch eine Abgrenzung zu anderen Geschäften nicht möglich. „Was ist, wenn der inhabergeführte Obstladen aufmachen will?“, fragt Breitenbach. Oder wenn ein Späti-Besitzer mehrere Läden führt und sonntags Verwandte zum Verkauf einsetzen will? „Die Koalition hat beschlossen, das Ladenöffnungsgesetz in dieser Legislaturperiode nicht anzufassen“, sagt Breitenbach. Dabei bleibe es.

In der Tat findet sich im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag zu diesem Thema kein Wort. Die Grünen hatten die Sonntagsöffnung für Spätis vor zwei Jahren noch in ihrem Wahlprogramm: „Zur Offenheit und wirtschaftlichen Vielfalt Berlins gehört für uns auch die Späti-Kultur – und zwar auch sonntags.“

Die damalige Grünen-Spitzenkandidatin und heutige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop widmete sich in ihrer Wahlkampagne 2016 dem Thema. „Wir setzen uns ein“, versprach Pop damals bei einer Tour durch die Spätis den Neuköllner Betreibern, die wegen der Kontrollen des Ordnungsamtes stöhnten.

An dieser Position hat sich wenig geändert. „Spätis sind eine Berliner Besonderheit und Teil unserer lebendigen Kiezkultur“, sagt Pop. „Als Wirtschaftssenatorin setze ich mich auch weiterhin für liberale Ladenöffnungszeiten in Berlin ein.“ Im Abgeordnetenhaus finde derzeit eine rechtliche Diskussion hierzu statt.

Die dortige FDP-Fraktion hat nämlich ebenfalls einen Antrag zur Sonntagsöffnung der Spätis eingebracht, gleichlautend zu einem Antrag aus dem Jahr 2016 der Grünen, die damals noch in der Opposition waren. Eigentlich verfolgt die FDP ein weitergehendes Ziel: nämlich die komplette Freigabe der Ladenöffnungszeiten. Einschließlich des Sonntags.

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