Rigaer Straße in Berlin: Keine Auskunft über Grenze der "kriminalitätsbelasteten Orte"
Das Verwaltungsgericht bestätigt, dass die Polizei keine Auskunft darüber geben muss, wo genau die Grenze des kriminalitätsbelasteten Ortes an der Rigaer Straße verläuft.
Die Polizei muss keine Auskunft darüber erteilen, wo genau die Grenze des „kriminalitätsbelasteten Ortes“ in der Gegend um die Rigaer Straße verläuft. Das entschied das Verwaltungsgericht. Der Informatiker Rainer Rehak hatte vom Polizeipräsidenten diese Auskunft verlangt und schließlich geklagt; er hatte sich dafür auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) berufen.
Die entsprechenden Anfragen an die Polizei sowie die ablehnenden Bescheide hatte Rehak auch auf der Internetseite „FragDenStaat“ veröffentlicht. Seine Klage hat die 2. Kammer am 26. Juni abgewiesen, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Nach Rehaks Angaben gab die Polizei im Zuge des Verfahrens immerhin Teile der zuvor geheimen Informationen frei, beispielsweise die Bestätigung, dass die Rigaer Straße damals ein kriminalitätsbelasteter Ort war und wie derartige Bewertungen zustande kommen, es wurde jedoch nicht alles freigegeben, insbesondere nicht die genaue Gebietsumgrenzung.
Zur Begründung führten die Richter aus, ein Anspruch auf Zugang zu Informationen über die genaue räumliche Ausdehnung eines von der Polizei festgelegten „kriminalitätsbelasteten Ortes“ bestehe nicht. Nach dem Berliner IFG bestehe kein Recht auf Aktenauskunft, soweit ein vorzeitiges Bekanntwerden des Akteninhalts mit einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung unvereinbar sei. Das sei hier der Fall.
Mehr Rechte für Polizisten
Die Polizei hat an „kriminalitätsbelasteten Orten“ weiterreichende Rechte, zum Beispiel für Durchsuchungen und verdachtsunabhängige Identitätskontrollen. Wüssten die zu kontrollierenden Personen den genauen Grenzverlauf, so könnten sie sich der Kontrolle leichter entziehen. Damit würde jedoch verhindert, dass die Polizei ihre Aufgaben erfüllt, so das Gericht sinngemäß.
Polizeipräsident Klaus Kandt hatte die Liste der kriminalitätsbelasteten Orte kürzlich veröffentlicht, allerdings ohne genauen Grenzverlauf. Dieser sei auch nicht statisch, sondern verändere sich mit der Kriminalität.
Rehak hatte das Klageverfahren durch Crowdfunding finanziert und prüft jetzt, ob es sinnvoll ist, einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen. „Polizei ist gut und richtig, wir finden nur, dass Zusatzbefugnisse der Exekutiven transparent sein müssen“, sagte Rehak dem Tagesspiegel. Die Bedenken, dass sich Personen der Kontrolle entzögen, indem sie sich außerhalb der Grenzen des kriminalitätsbelasteten Ortes aufhielten, teilt er nicht: „Die Polizei kann ja immer noch einschreiten, wenn sie etwas Verdächtiges beobachtet.“
Wo Berlin am gefährlichsten ist
Anfang Juni hat die Polizei die Liste der kriminalitätsbelasteten Orte veröffentlicht. Diese sind: Alexanderplatz, Leopoldplatz, Kleiner Tiergarten, Schöneberg-Nord im Bereich Nollendorfplatz und Teile des sogenannten „Regenbogenkiezes“, Görlitzer Park, Warschauer Brücke, Kottbusser Tor, Teile der Hermannstraße, Hermannplatz und ein kleiner Bereich der Rigaer Straße.
In die Liste aufgenommen wurden diese Orte, weil dort Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden, also zum Beispiel Raubtaten, Brandstiftungen, gefährliche Körperverletzungen, gewerblicher/bandenmäßiger Taschendiebstahl, Drogen-Handel.
Die Polizei hat an diesen Orten erweiterte Befugnisse, sie darf verdachtsunabhängig Identitätsfeststellungen durchführen sowie Personen und Sachen durchsuchen.