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Das Netzwerk der Charité ist das wichtigste Präventionszentrum Deutschlands.
© Imago

Debatte um Kindesmissbrauch: Kein Täter werden

Um Männer mit pädophilen Fantasien von Taten abzuhalten, bietet die Charité anonyme Beratungen an. 3300 Betroffene haben sich gemeldet, doch die Finanzierung wackelt.

Während bundesweit über Kinderpornografie diskutiert wird, stellt sich in Berlin in den nächsten Jahren die Frage nach der Finanzierung einer der wichtigsten Präventionsstellen in Deutschland. Das an der Charité gegründete Netzwerk „Kein Täter werden“ wird bislang mit 370 000 Euro im Jahr vom Bundesjustizministerium gefördert. Diese Förderung läuft 2016 aus.

Acht Stellen, darunter Psychologen, werden mit diesen Bundesmitteln bezahlt. Weitere Mitarbeiter des Projektes sind Charité-Angestellte des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin auf dem Campus in Mitte.

„Wir machen uns ernsthaft Sorgen, ob wir unser Angebot ab 2017 aufrechterhalten können“, sagte Jens Wagner, Sprecher des Präventionsnetzwerkes. Dabei gehe es nicht nur um die Bundesmittel, sondern auch um die acht Außenstellen, die es inzwischen an Kliniken in anderen Bundesländern gibt. Die Förderung in Sachsen etwa laufe bald aus. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums sagte am Montag, die Präventionsstelle sei wichtig und anerkannt. Man hoffe, sie weiter unterstützen zu können, und werde sich dafür in den Verhandlungen für den Haushalt 2017 stark machen.

Pädophile können sich anonym melden

Vor acht Jahren hatten Ärzte und Therapeuten an der Charité begonnen, zur „Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch im Dunkelfeld“ zu arbeiten. Öffentlich werben sie seitdem darum, dass sich Männer, die sich zu Kindern hingezogen fühlen, an die Charité-Experten wenden. Die Männer können dies anonym tun. Die Arbeit dort soll dann verhindern, dass pädophile Fantasien in Taten umgesetzt werden.

Wissenschaftlicher Ausgangspunkt ist dabei, dass man sich seine bereits im Jugendalter ausgebildeten sexuellen Neigungen kaum aussuchen und diese auch nicht vollständig verändern könne. Rund ein Prozent aller Männer haben Studien zufolge auf Kinder gerichtete Fantasien. Bislang haben sich bundesweit rund 3300 Männer an die Experten gewandt, 2000 allein in Berlin. Im Zuge der Debatte um Kinderpornografie wird die Projekt-Homepage derzeit häufiger angeklickt als noch vor einer Woche. Ob daraus resultiert, dass sich mehr Betroffene an das Präventionsnetzwerk wenden, ist nicht abzusehen.

Ein Prozent der Männer begehren Kinder

Nicht alle, die sich bei den Netzwerkstellen melden, kommen für eine Behandlung infrage, weil sie sich womöglich keiner Therapie unterziehen, sondern zunächst nur über ihre Neigungen informieren wollen. Die freiwilligen Melder werden in Einzel- oder Gruppensitzungen behandelt. In einem Verhaltenstraining werden sie mit sexuellen Gefahrensituationen konfrontiert und sollen lernen, kontrolliert zu reagieren. Vor rechtlichen Konsequenzen müssen sie keine Angst haben. Die Therapeuten unterliegen weitgehend einer Schweigepflicht.

Umstritten ist unter Wissenschaftlern, welches Ressort ein solches Projekt zu unterstützen habe. Bislang wird die Arbeit des Teams um Charité-Professor Klaus Michael Beier in der Politik offenbar eher als Kriminalitätsprävention denn als Gesundheitsförderung verstanden. Auch die Projektstellen in den anderen Bundesländern werden oft nicht von den Gesundheitsministerien gefördert.

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