Kaufhaus im Stil der 20er am Hermannplatz: Karstadt-Chef Benko will weiterhin umgestalten
René Benko hält an den Plänen für den Karstadt-Neubau am Hermannplatz fest. Bei einigen Politikern stößt er auf Widerstand – der Unternehmer sucht das Gespräch.
René Benko zählt zu den bemerkenswertesten Unternehmerpersönlichkeiten, die der europäische Kontinent gesehen hat. Innerhalb von nur zwei Dekaden hat der Österreicher mit seiner Signa Holding ein Firmenimperium geschaffen, das mit seinen beiden Sparten – dem Immobiliengeschäft und dem Handel – viele Milliarden Euro im Jahr umsetzt.
Darüber spricht der Geschäftsmann in der Regel nur selten in der Öffentlichkeit. „Herr Benko gibt nur ein Interview im Jahr“, teilte sein Pressesprecher vergangene Woche auf eine Anfrage des Tagesspiegels mit. Und fügte hinzu: „Das wurde dieses Jahr schon geführt“.
Besondere Beziehung zu Berlin
Gesprächsbereit, wenn auch nur im Kreise anderer Manager und Unternehmer, zeigte er sich am Montag dennoch. Auf Einladung der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) sprach der 42-Jährige über seine Anfänge als Unternehmer, die Geschäfte seine Unternehmensgruppe – und seine Beziehung zur deutschen Hauptstadt. Diese ist demnach eine sehr besondere. „Ich bin zwar kein gebürtiger, aber begeisterter Berliner“, erklärte Benko seinen rund 200 Zuhörern am Montagmorgen.
Bereits seit 2005 sei sein Unternehmen in der Stadt aktiv. Und neben Wien sei die deutsche Hauptstadt mittlerweile das größte Engagement der Gruppe. Seit der Übernahme der Karstadt-Gruppe 2014 kontrolliert Benkos Signa Holding auch größere Teile des Berliner Einzelhandels: Dazu zählen die elf Karstadt- und Kaufhof-Filialen in der Stadt, aber auch das altehrwürdige KaDeWe. „In Berlin tragen wir die Verantwortung für mehr als 5000 Leute im stationären Einzelhandel“, sagte Benko. Und die Zahl der Mitarbeiter werde in den kommenden Jahren noch steigen, kündigte er an.
2020 solle in Tegel eine weitere Karstadt-Niederlassung Kunden empfangen. Für die Warenhauskette, der in den vergangenen Jahren vor allem durch Nachrichten vom Krisenmodus auffiel, ist die Filialeröffnung im Berliner Norden ein wichtiges Projekt – es wäre die erste in den vergangenen 30 Jahren.
„Wir glauben zu 1000 Prozent an die Zukunft der Innenstädte“
„Der Konzern war in Vergangenheit zu sehr damit beschäftigt, Brände zu löschen“, räumte Benko in seiner Rede ein. Damit sei nun Schluss, Karstadt sei mittlerweile schuldenfrei und könne in die Zukunft investieren.
Und Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells Warenhaus hat Benko nach eigenen Angaben keine. Trotz wachsender Konkurrenz aus dem Onlinehandel: „Wir glauben zu 1000 Prozent an die Zukunft der Innenstädte“, sagte er. „Logischerweise ist der stationäre Handel entsprechend gefordert und durch das Thema Online und Internet in einer kompletten Umbruchphase.“
Doch solche Herausforderungen seien auch Chancen. „Die Kombination aus starker lokaler Präsenz und den eigenen Läden und hoher Online-Kompetenz wird die Zukunft werden.“
Benko stößt mit Plänen auf Widerstand
Es bleibe zudem abzuwarten, wie sich der Onlinehandel künftig entwickele. „Gibt es irgendwann einmal eine natürliche Grenze, an der die Straßen, Autobahnen und auch die Bahn-Infrastruktur gar nicht mehr die Kapazität haben, das zu erfüllen?“, fragte er. In New York etwa zeichneten sich solche Kapazitätsgrenzen bereits ab.
Doch Benko stößt mit seinen Plänen in Berlin auch auf Widerstand: Daran erinnerte ihn bei der Veranstaltung am Montag Gaby Gottwald, Abgeordnete der Linkspartei im Berliner Landesparlament. Die Sozialistin stört sich vor allem an Benkos Plan, am Hermannplatz an der Grenze zu Kreuzberg eine Rekonstruktion des historischen Karstadt-Warenhauses zu bauen.
Es entstehe damit ein „Monumentalbau“, ein Fremdkörper in einer Umgebung, die vor allem durch kleinteiligen Einzelhandel geprägt sei. „Sie bemächtigen sich der Stadt", war Gottwald ihm vor. Ganz ähnliche Vorwürfe hatte bereits vor einigen Wochen der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, dem Österreicher gemacht – und seiner Unternehmensgruppe bislang eine Baugenehmigung versagt.
Groll gegen Grünen-Politiker ist nicht zu erkennen
Sollte der Unternehmer deswegen Groll gegen den Grünen-Politiker hegen, ist es ihm am Montag gut gelungen, ihn zu verstecken. „Wir sind bekannt dafür, dass wir einen offenen Dialog mit allen führen und gute Diskussionen auch nicht scheuen“, sagte er. Ein Monumentalbau, wie von Linken-Politikerin Gottwald befürchtet, plane man am Hermannplatz jedenfalls nicht. „Wir wollten immer schon funktionierende Stadtentwicklung betreiben.“
Eine ähnliche Diskussion wie die über den Hermannplatz habe Benko auch schon in seiner ursprünglichen Heimatstadt, in Innsbruck, geführt. „Dort stand das heruntergewirtschaftete Kaufhaus Tyrol mitten in der Innenstadt.“ Damals habe es zwar in der Bevölkerung eine breite Begeisterung für einen Abriss und anschließenden Neubau des heruntergekommene Warenhauses gegeben.
Doch dann habe die Denkmalschutzbehörde versucht, dieses Projekt zu verhindern, um Bauten aus den 1950er und 60er Jahren zu retten. „Wir haben damals einen Dialog geführt, der in einem Architektenwettbewerb geendet ist“. Die Bereitschaft zum offenen Diskurs habe sich ausgezahlt, nicht nur wurde der Neubau mittlerweile realisiert. Auch die Denkmalschützer hätten den ihn mittlerweile ausführlich gelobt.
„Professioneller Austausch“ mit Baustadtrat Schmidt
Die Erfahrung aus dem umstrittenen Projekt in Innsbruck will Benko jetzt auch in Berlin nutzen. Während das Warenhaus in seiner Heimat bei ihm noch „innerer Unruhe“ ausgelöst habe, könne er heute weitaus entspannter derartige Dialoge eingehen. So habe er bereits Baustadtrat Schmidt die Hände schütteln dürfen, und pflege mittlerweile einen „durchaus professionellen Austausch“ mit ihm.
Benko brachte am Montag sogar Verständnis für das Vorpreschen des Grünen-Politikers auf: „Ich glaube, das müssen Politiker manchmal, um sich in der breiten Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen“, sagt er. Und gab sich zugleich zuversichtlich, mit Schmidt eine Einigung erzielen zu können: Mit Geduld, guter Architektur und guten Argumenten sei er bislang immer ans Ziel gekommen.
Zumindest was die Geduld angeht, scheint der Österreicher über ausreichende Ressourcen zu verfügen: „Ich habe noch nicht allzu viele graue Haare – trotz 20 Jahren Unternehmertums.“