zum Hauptinhalt
In der JVA Tegel hat sich ein Insasse das Leben genommen.
© Thilo Rückeis

Selbstmord im Gefängnis: Justizsenator: "Besorgniserregende Häufung"

In der JVA Tegel gab es erneut einen Suizid. Die Justizverwaltung bestätigte den Toten erst auf Anfrage.

Wieder hat sich ein Gefangener in der JVA Tegel getötet, wieder hat die Justizverwaltung dies verschwiegen. Durch einen Brief eines Tegeler Häftlings wurde bekannt, dass sich im Februar Harald S. in seiner Zelle erhängt hat. Der 56-Jährige war im August 2012 zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. "Harry", wie er im Knast genannt wurde, hatte vier Banken in Neukölln, Schöneberg und Hamburg überfallen und dabei mit einer echt wirkenden Spielzeugpistole und einem Messer bewaffnet 60.000 Euro erbeutet.

Bei den Überfällen hatte er Kunden oder Angestellte kurzzeitig als Geiseln genommen. Da er bereits wegen Bankraubs vorbestraft war, hatte das Gericht die Verhängung der Sicherungsverwahrung geprüft, diese aber nicht verhängt. Der Grund für den Suizid ist unklar – einen Abschiedsbrief hinterließ er nicht. S. hatte schon zwischen 1987 und 1997 in seiner hessischen Heimat eine ganze Reihe von Straftaten begangen, alle Verfahren waren wegen Schuldunfähigkeit eingestellt worden. In Berlin galt er später als schuldfähig und wurde mehrfach verurteilt.

Qualifizierte Psychologen und Psychiater fehlen

Auf Anfrage bestätigte die Justizverwaltung den Suizid und einen zweiten im Februar in der JVA Plötzensee. "Weitere persönliche Informationen zu den beiden Fällen und auch zum Alter der Gefangenen" wollte Peggy Fiebig, Sprecherin des grünen Justizsenator Dirk Behrendt, nicht machen. 2016 hatte es mit sieben Suiziden einen neuen Höchststand gegeben, darunter waren vier Männer, die sich im November und Dezember in der JVA Moabit im Wochenabstand töteten. Im Abgeordnetenhaus hatte Behrendt kürzlich von einer "besorgniserregenden Häufung" gesprochen. Es sei zuletzt schwierig gewesen, qualifizierte Psychologen und Psychiater für die JVA Moabit zu finden, sagte Behrendt.

Die Zahl der Suizide hinter Gittern schwankt stark, in den vergangenen Jahren zwischen zwei und zehn. Als es 2006 zehn Selbstmorde gab, entschied die damalige Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD), am Ende des Jahres, diese zu verschweigen. Die Grünen – allen voran der heutige Justizsenator – hatten heftig protestiert, die Öffentlichkeit habe ein Recht auf diese Information. Gut versteckt im Internetangebot des Senats findet sich mittlerweile immerhin eine aktuelle Zahl der Suizide.

www.berlin.de/justizvollzug/sicherheit-und-praevention/suiziden-vorbeugen/

Zur Startseite