Kinderschutz: Jugendämter sind heillos überfordert
Die Berliner Jugendämter erklären sich für kaum noch arbeitsfähig. Alles, was nicht ganz akut ist, wird wochenlang verschoben. Rund achtzig Familien betreut ein Sozialarbeiter – für Prävention bleibt da keine Zeit.
Ein Kind mit blauen Flecken sagt in der Schule, dass es zu Hause geschlagen wurde. Zwei Jugendliche melden sich im Jugendamt als obdachlos. Das Familiengericht gibt Hinweise, dass in drei Familien möglicherweise Kinder verwahrlost sind. Das sind Fälle, die an nur einem Vormittag auf dem Schreibtisch von Sozialarbeiterin Barbara Berry neu dazukommen. Acht Mitarbeiter sind sie in ihrem Team des Regionalen Sozialpädagogischen Dienst (RSD) in Mitte – und um all diese Fälle müssen sie sich eigentlich noch am gleichen Tag kümmern.
Kann das Kind mit den blauen Flecken bei seinen Eltern bleiben? Viel Zeit zu überlegen haben sie nicht, und alles, was nicht ganz akut ist, wird verschoben. Wenn eine Mutter nicht weiter weiß, weil ihr Kind von der Schule verwiesen wurde, könne es bis zu sechs Wochen dauern, bis sie einen Termin bekommt. „Wir sind nur noch die Feuerwehr, für Beratung und Prävention reicht die Zeit nicht“, sagt Berry und ihre Kolleginnen aus dem RSD nicken. Am Donnerstag sind sie in der Zentrale der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, um auf ihre Not aufmerksam zu machen.
Zwei Brandbriefe haben die Jugendhilfeausschüsse schon geschrieben, den letzten im Dezember und dazu an den Jugendämtern weiße Fahnen aus den Fenstern gehängt – doch getan hat sich seither nichts. „Frau Scheeres interessiert das anscheinend nicht, aber wir werden immer weiter machen“, sagt Sozialarbeiterin Kerstin Kubisch-Piesk. Die Senatsjugendverwaltung verweist darauf, dass die Bezirke für das Personal der Jugendämter zuständig sind. Man habe zudem ein Konzept erarbeitet, das eine Mindestausstattung der Jugendämter definiere, darauf hätten sich die Bezirke aber nicht einigen können, teilte ein Sprecher mit.
Durchschnittlich 80 Familien betreut ein Mitarbeiter im RSD. Die Sozialpädagogen fordern eine Reduzierung der Fallzahlen und außerdem eine bessere Bezahlung. Derzeit bekommt eine Berufsanfängerin rund 2400 Euro brutto. „Ein Baumpfleger bekommt mehr“, sagt Kubisch-Piesk. Am 30. April wird sie zusammen mit Kollegen aus der ganzen Stadt vor dem Gebäude der Senatsjugendverwaltung protestieren.
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