Brandbrief der Jugendhilfe an Senat: Berliner Kinderschutzstellen "kaum noch arbeitsfähig"
Die Sozialarbeiter der Berliner Jugendämter springen ein, wenn Kinder verwahrlosen, vor Gericht kommen, oder Eltern und Lehrer überfordert sind. Jetzt haben die Jugendhilfeausschüsse einen Brandbrief an den Senat geschrieben: In manchen Bezirken ist man kaum noch arbeitsfähig.
Sie sind gefragt, wenn Kinder verwahrlosen, dauernd schwänzen oder vor Gericht kommen: Die Sozialpädagogischen Dienste der Jugendämter müssen einspringen, wenn Eltern und Lehrer überfordert sind. Jetzt wissen die Sozialpädagogen selbst nicht mehr weiter: In Gesundbrunnen haben sie am Freitag weiße Fahnen aus dem Fenster gehängt, um zu zeigen, dass sie vor ihrer Arbeitsbelastung „kapitulieren“, wie es die GEW am Montag ausdrückte. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Jugendhilfeausschüsse der Bezirke wegen der „Notlage“ der Jugendarbeit am Dienstag einen „Brandbrief“ an den Senat verschicken wollen.
Kinderschutzstellen in Berlin kaum noch arbeitsfähig
In dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dass die Kinderschutzstellen in Folge des Personalmangels „in einigen Bezirken kaum noch arbeitsfähig sind“. Deshalb fordern die Vorsitzenden der Jugendhilfeausschüsse eine Mindestpersonalausstattung, die nicht unterschritten werden dürfe. Andernfalls würden die Sozialpädagogen jedes Mal beim Personalabbau herangezogen, wenn die Bezirke Sparvorgaben des Senats umsetzen müssten. „Leib und Leben der betroffenen Kinder kann nicht zugunsten des Erreichens der grundsätzlich verständlichen Ziele der Personalreduktion gefährdet werden“, heißt es in dem Brief weiter. Denn das würde sich „dramatisch rächen“, warnt Marijke Höppner vom Jugendhilfeausschuss Tempelhof-Schöneberg und berichtet, dass ein Mitarbeiter im Sozialpädagogischen Dienst aktuell über 100 Fälle bearbeiten müsse. Empfohlen werde ein Umfang von 60 Fällen.
Jugendhilfepolitiker schlagen Alarm wegen Sparmaßnahmen
Die Senatsverwaltung für Jugend teilte mit, die Bezirke seien für die „innere Ausgestaltung in den Jugendämter selbst verantwortlich“. Aus dem Jugendamt Mitte hieß es, die Stellenzahl sei „ausreichend“, allerdings führten viele Krankheitsfälle sowie „lange Beteiligungsverfahren“ zu „faktischem Personalmangel“.
Die Jugendhilfepolitiker der Bezirke sorgen sich zudem um die Einsparungen bei der präventiven Jugendarbeit. Nach ihren Berechnungen fehlten 2013 über vier Millionen Euro, so dass Abenteuerspielplätze, Kinderbauernhöfe oder Projekte der Jugendkulturarbeit wegfielen. Dies entspreche einem Minus von sechs Prozent. Sie appellieren an die Haushälter im Abgeordnetenhaus, für 2014/15 elf Millionen Euro zusätzlich für die Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Der Erfolgsaussichten sind gering: Zwei Brandbriefe zur Personalknappheit der Jugendämter vom Dezember 2012 verpufften bereits.
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