Konflikt mit dem Senat eskaliert: Jüdische Gemeinde zahlt Löhne verspätet
Die Jüdische Gemeinde Berlin kann im Mai die Gehälter für ihre Mitarbeiter und andere Rechnungen wohl nur verspätet zahlen. Der Vorsitzende Gideon Joffe schimpft auf den Senat - andere schimpfen über ihn. Der Konflikt eskaliert weiter.
In einem Offenen Brief machte der Vorsitzende Gideon Joffe die Senatsverwaltung für Kultur dafür verantwortlich, dass die Gemeinde im Mai die Gehälter für ihre Mitarbeiter und andere Rechnungen wohl nur verspätet zahlen kann. Eine jetzt erfolgte Deckelung des – laut Staatsvertrag von 1994 zugesagten – Staatszuschusses sei niemals, wie behauptet, zwischen JGB und Land verabredet worden, schreibt er. Eigentlich hätte die JGB über Jahre sogar mehr Geld beantragen können, als sie erhielt. Auf rund zehn Millionen Euro sei verzichtet worden.
Diesen Betrag möchte Joffe mit Schulden der Gemeinde beim Senat verrechnen, die durch überhöhte Betriebsrenten entstanden sind und von der Kulturverwaltung auf acht Millionen Euro beziffert werden. Die Behörde hatte für das zweite Quartal 2013 den Zuschuss des Landes an die Bedingung geknüpft, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde genau zu überprüfen. Erst dann soll das Geld überwiesen werden. Begründet wurde der Zahlungsstopp damit, dass kein korrekter Stellenplan vorliege. Das Land Berlin subventioniert normalerweise 40 Prozent der Personalkosten. Das waren bisher jährlich 5,5 Millionen Euro. Einschließlich anderer Leistungen, hauptsächlich für Kitas und Schulen, aber auch für Sicherheitsaufgaben, erhält die Gemeinde 18 Millionen Euro jährlich aus dem Landeshaushalt.
Die Jüdische Gemeinde habe bisher durch den Verzicht auf Tariferhöhungen den Sparkurs Berlins unterstützt, mit der Solidarität sei es nun vorbei, hielt Joffe dagegen. Der angemahnte Wirtschaftsplan liege übrigens seit März dem Senat zur Prüfung vor. Falls die Gemeinde nun wegen fehlender Liquidität die Gehälter der Mitarbeiter nicht mehr oder nur verspätet zahlen könne, werde vom Senat „eine rote Linie überschritten.“
Joffes Konfrontationskurs bestärkt in der Jüdischen Gemeinde seine internen Kritiker. Am Tag nach der Briefpublikation trat Carola Melchert-Arlt, ehemalige Bildungsdezernentin der Gemeinde, von ihrem Vorstandsamt zurück. Sie will „als Mitarbeiterin der Senatsverwaltung die Verantwortung für Ihre Fehlhandlungen in keiner Weise mittragen“, schrieb sie an Joffe in einem Offenen Brief. Neuwahlen seien nötig, da der Vorsitzende „weder Stil noch Anstand“ habe, das Chaos in der Gemeinde mit seinem Rücktritt zu beenden. Unterstützung erhält Joffe wiederum von seinem Sprecher Ilan Kiesling, der die Opposition in der Gemeinde darauf hinwies, dass das für Neuwahlen erforderliche Quorum noch nicht eingesammelt worden sei.
Der Senat, kritisierte Kiesling, habe früheren JGB-Vorständen immer im Frühjahr Vorschüsse gezahlt, also vor dem Wirtschaftsplan; insofern sei die neue strikte Haltung ungerecht. Er verstehe die Verunsicherung der Behörde, man denke da wohl, „wir waren früher zu lax oder die haben uns beschissen“. Im Grunde gehe es jetzt um die Auslegung des Staatsvertrags. Das aktuelle Problem, so verlautet aus der Kulturverwaltung, sei ein nur lückenhaft vorliegender Wirtschaftsplan für 2013. Darin sei die diesjährige Steigerung der Personalkosten um 11 Prozent nicht nachvollziehbar dargestellt. Es fehlten auch Aussagen über Deckungsoptionen.
Jene 5,5 Millionen Euro Staatszuschuss, um die gestritten wird, sind übrigens nicht zu verwechseln mit einvernehmlichen weiteren fünf Millionen Euro, die die Senatskulturverwaltung für Sicherheit und Religionsunterricht der JGB zahlt. Ein nächstes Treffen beider Parteien ist nun für den kommenden Dienstag angesetzt.
Thomas Lackmann
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