CDU-Bezirkspolitiker zu Kramp-Karrenbauer: „Jetzt ist die Basis erst recht verärgert“
Thorsten Schatz, CDU-Politiker aus Spandau, hält nichts von Kramp-Karrenbauers Wechsel ins Kabinett. Er wirft ihr Wortbruch vor. Ein Interview.
Thorsten Schatz, 36, ist stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Spandau.
Herr Schatz, was halten Sie davon, dass Annegret Kramp-Karrenbauer Verteidigungsministerin wird?
Nicht so viel. Das kam für mich sehr überraschend, und ich habe mich sehr geärgert. Frau Kramp-Karrenbauer hat immer gesagt, dass sie sich auf ihre Aufgaben in der Partei konzentrieren will. Dafür habe auch ich ihr enormen Respekt gezollt – und jetzt greift sie bei der erstbesten Gelegenheit zu. Das verstehe ich nicht, zumal es Peter Tauber als überzeugende Alternative gegeben hätte.
Wie groß ist der Schaden für die CDU durch dieses Manöver?
Der Schaden entsteht nicht nur durch dieses Manöver, sondern auch durch die grundsätzliche Performance der Partei in den vergangenen Monaten. Seit der Endphase des Europawahlkampfs verstärkt sich dieser Eindruck bei mir immer mehr. Die CDU hat enorme Fehler gemacht, die Kommunikation im Umgang mit dem Rezo-Video und auch nach der Europawahl war desaströs.
Nach den jüngsten Personalentscheidungen ist die Basis erst recht verärgert. Und viele, die die CDU durchaus schon gewählt haben, aber keine Stammwähler sind, fragen mich: "Was soll ich euch denn jetzt noch glauben?" Was soll ich den Leuten sagen? Außer "Ja, ihr habt recht" fällt mir nicht viel ein. Wir bemühen uns an der Parteibasis um Glaubwürdigkeit. Aber wenn so etwas passiert, können wir uns an der Basis abstrampeln, wie wir wollen, dagegen kommen wir nicht an.
Ist Frau Kramp-Karrenbauer für Sie als glaubwürdige Kanzlerkandidatin aus dem Rennen?
Für mich war sie das ohnehin nie. Ich fand, sie war eine gute Generalsekretärin. Aber der Wechsel an die Parteispitze kam ein Stück weit zu früh. Von der Parteireform hört man seitdem gar nichts mehr, dabei ist sie sehr wichtig. Wir wollen uns neu aufstellen, brauchen ein neues Profil. Daran müssen wir arbeiten.
Glauben Sie, dass es für Frau Kramp-Karrenbauer in der jetzigen Konstellation leistbar ist, neben dem CDU-Vorsitz das Verteidigungsministerium zu führen?
Grundsätzlich ist ein hohes Regierungsamt mit dem Parteivorsitz vereinbar, Angela Merkel war ja auch sehr lange Kanzlerin und CDU-Vorsitzende. Aber als Parteimitglied stelle ich mir in dieser speziellen Situation ganz praktisch die Frage, wie das künftig im Kabinett aussehen soll. Da ist Frau Kramp-Karrenbauer, die als Parteichefin Beschlüsse der Partei umzusetzen hat.
Doch sie hat eine Chefin, die Bundeskanzlerin, die Regierungspolitik vertreten muss – da kommt es zwangsläufig zu Diskrepanzen. Ich habe Sorge, dass das nicht so gut klappen wird.
Zum Schluss die obligatorische Frage: Wie lange hält die große Koalition noch?
Ich hoffe, bis zum Ende der Legislaturperiode.