Toleranz-Umfrage: Jeder vierte Berliner Wähler ist gegen Ausländer
In Berlin gibt es eine Welle der Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge. Allerdings zeigt eine Umfrage: Jeder vierte Wahlberechtigte ist gegen Ausländer.
Tausende freiwillige Helfer unterstützen in Berlin die Flüchtlinge, die täglich in die Hauptstadt kommen. Doch das Bild großer Harmonie und Sympathie ist unvollständig. Jeder vierte wahlberechtigte Bürger in der Stadt hat eine ausdrücklich negative Einstellung zu Ausländern, damit also auch zu Flüchtlingen. Das hat eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Info GmbH" ergeben, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Befragt wurden bis 25. August insgesamt 1383 Personen mit deutschem Pass. 25 Prozent Ablehnung entspricht umgerechnet rund 620 000 Personen. 23 Prozent dieser Gruppe würden grundsätzlich in irgendeiner Form aktivetwas gegen eine mögliche Eröffnung einer Flüchtlingsunterkunft in ihrem Umfeld tun. Aktiv bedeutet dabei jede Form von gegen-Reaktion, das geht von der Unterschrift gegen einen Bau bis hin zu einer kriminellen Handlung. Überdurchschnittlich viele dieser Personen leben in den Ost-Bezirken der Stadt. Während die Ablehnung stadtweit im Schnitt bei 25 Prozent liegt, beträgt der Wert in Marzahn-Hellersdorf 44 Prozent, knapp gefolgt von Treptow-Köpenick (42). Auf Rang drei liegt Lichtenberg-Hohenschönhausen (37). Die geringste Ablehnung von Ausländern gibt es in Charlottenburg-Wilmersdorf (12) und Mitte (16).
Die Menschen, die Ausländer ablehnen, sind im Schnitt etwas älter als der Durchschnitt und haben eine relativ schlechte Schulbildung. Der Anteil der Rentner liegt bei 41 Prozent. 35 Prozent jener Menschen, die Ausländer ablehnen, geben die CDU als Partei-Präferenz an. Bei NPD und AfD ist die Zahl viel höher, allerdings sind dabei aufgrund der sehr geringen Fallzahlen nur Trendaussagen möglich. Fast einem Drittel dieser Menschen, die gegen Ausländer sind, wäre am liebsten, wenn alle Migranten in ihre Herkunftsländer zurückkehren müssten.
Sympathie für Kriegsflüchtlinge
Es gibt aber auch deutliche Sympathiebekundungen speziell gegenüber Flüchtlingen. So betonen 75 Prozent aller Befragten, sie seien der Meinung, Flüchtlinge aus Krisen oder Kriegsgebieten solle man gegenüber anderen Zuwanderern bevorzugen. Und 49 Prozent wenden sich ausdrücklich gegen die Ansicht, die meisten Flüchtlinge wanderten nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland und seien in ihrer Heimat nicht in Gefahr. Auch sind 79 Prozent der Befragten der Meinung, dass Muslime zu Berlin gehörten wie Christen, Juden und Angehörige anderer Religionen. Insgesamt 62 Prozent betonen darüberhinaus explizit, dass es gut sei, dass in Berlin viele Migranten und Ausländer leben.
Neuköllns Ex-Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), der bei der Präsentation dabei war, hob weniger auf die negativen Ergebnisse ab. Er findet vielmehr, "dass einige Teile sehr positiv sind". Die Grundaussage, dass 75 Prozent der wahlberechtigten Berliner freundlich gegenüber Ausländern eingestellt sind, empfindet er "als beachtlichen Wert". Die so genannten Killerphrasen ("Alle müssen raus",) seien Vergangenheit. Er habe auch Probleme mit der Frage nach dem aktiven Widerstand gegen den Bau eines Flüchtlingsheims. Die Bandbreite der möglichen Reaktionen - von Unterschriften bis hin zu Gewalt - sei ihm viel zu breit. "Nicht jeder, der eine Unterschrift gegen ein Flüchtlingsheim leistet, geht nach Hause und bastelt einen Molotow-Cocktail." Auch im Neuköllner Stadtteil Britz habe es Proteste gegen ein geplantes Flüchtlingsheim mit 400 Plätzen gegeben. Das Heim sei nun seit zwei Jahren in Betrieb, "und meines Wissens nach hat es bis jetzt keinen Zwischenfall gegeben".
Heinz Buschkowsky für andere Integrationspolitik
Allerdings forderte er eine Änderung der Integrationspolitik. "Die bisherige Integrationspolitik war bisher nicht besonders erfolgreich", sagte er. Um zu verhindern, dass Parallelgesellschaften entstünden, müsse mehr passieren. "Wenn wir die Schlafwagen-Integrationspolitik so weiter treiben wie bisher, wird es ein Fiasko geben." Dann werde es weiter überdurchschnittlich viele Schul- und Berufsausbildungabbrecher sowie bildungsferne Menschen geben.