Wildschweine in der Stadt: Jagdszenen aus Mariendorf
Zwei junge Wildschweinkeiler hatten es bis nach Mariendorf geschafft. Zwei Tage ging es gut für sie. Was danach geschah.
Die beiden Eindringlinge hatten sich in unbekannte Gefilde vorgewagt. Nie zuvor waren Vertreter ihrer Rasse in dieser Gegend soweit nördlich gesehen worden. Zumindest in diesem Bezirk. Vermutlich waren die zwei dem Teltowkanal gefolgt und dann in Mariendorf abgezweigt, von dort schlugen sie sich in eine Wohnstraße mit einigen Mietshäusern und einer Reihenhaussiedlung. An einem Planschbecken in einem Garten wurden die beiden schließlich entdeckt. Sie hatten Durst; denn nach der großen Hitze und der langen Dürreperiode war nur wenig Wasser zu finden. Die Rede ist von zwei jungen Wildschweinkeilern, die ihren Ausflug in die belebte Stadt mit dem Leben bezahlen sollten.
Am Freitag vor zwei Wochen ging gegen elf Uhr der Hinweis auf die Tiere ein. Polizei und Bezirksamt wurden benachrichtigt, der Naturranger der Naturschutzstation Marienfelde, Björn Lindner, sowie Vertreter der Berliner Forsten wurden hinzugezogen. Lindner machte sich auf den Weg. Am Planschbecken waren die Tiere nicht mehr. Er fand sie unter einer Hecke. Friedlich schlafend.
In der Nachbarschaft sind Grundschule, Spielplatz und Kleingärten
Was tun? In der Nachbarschaft des Wolfsburger Wegs ist eine Grundschule, es gibt einen Spielplatz und jede Menge Kleingärten. Erst einmal wird das Areal mit den Schweinen markiert; die Anwohner wurden informiert. „Direkte Gefahr bestand nicht, die Tier zeigten kein aggressives Verhalten“, sagt Lindner. Aber dennoch musste gehandelt werden. Um auszuschließen, dass keine Frischlinge dabei waren, installierte er eine Kamera, die die Tiere beobachten sollte.
Am nächsten Morgen wurden die Bilder ausgewertet. Nachwuchs war nicht in der Nähe. In Absprache mit der Polizei wurde beschlossen, die Tiere am Abend mit einem Gewehr zu töten. Als die Zeit gekommen war, hatten sich die Keiler wieder auf den Weg gemacht. Später wurden sie an der Autobahnauffahrt Gradestraße gesichtet. Ein Abschuss war nicht möglich, ohne Menschenleben zu gefährden. Das ging erst, als sie sich auf den nahe gelegenen Friedhof an der Gottlieb-Dunkel-Straße/Gradestraße zurückzogen. In den frühen Morgenstunden des Sonntags wurden sie erlegt. Nicht weit entfernt übrigens von einem Friedhof für Tiere.
"Marodierende Keilertrupps sind schwer zu kontrollieren"
Die beiden Wildschweine waren übrigens sogenannte Überläuferkeiler, die – etwas über ein Jahr alt – von ihrem Muttertier verstoßen werden. „Diese marodierenden Keilertrupps sind schwer zu kontrollieren“, sagt Lindner. Sie einzufangen und an anderem Ort auszusetzen, sei keine Option gewesen. „Schwarzwild auszuwildern ist verboten.“ Tiere wie die beiden Wildschweine hätten längst die natürliche Distanz zu Menschen verloren. „Das liegt vor allem an dem Verhalten der Menschen“, sagt Lindner. Vor allem daran, dass den Tieren Nahrung gegeben wird – aus falsch verstandener Tierliebe. „Gefüttert wird alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist.“ Dabei sei dieses verboten. „Wildschweine sind keine aggressiven Tiere“, sagt Lindner. Aber wenn man keinen Abstand zu ihnen hält, seien sie „die wehrhaftesten Wildtiere, die wir hier haben“.
Mehr über den Umgang mit Wildtieren erfährt man am Wochenende beim Langen Tag der Stadtnatur. Das Programm finden Sie auf www.langertagderstadtnatur.de