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Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde gehört zu den klimaschädlichsten in ganz Europa.
© Patrick Pleul/dpa

Nach dem Kohleausstieg: Ist Müllverbrennung die Zukunft der Lausitz?

Das Kohlekraftwerk Jänschwalde wird schrittweise stillgelegt. Als Ersatz plant der Betreiber eine Anlage zur Abfallverbrennung - und erntet Kritik.

Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde gehört zu den klimaschädlichsten in ganz Europa. Deshalb soll es bis 2028 sukzessive stillgelegt werden; der benachbarte Tagebau ist ohnehin in etwa drei Jahren ausgekohlt.

Perspektiven für die Region zwischen Cottbus und Guben tun also Not. Eine konkrete gibt es bereits: Die Betreiberfirma Leag will auf dem Kraftwerksgelände gemeinsam mit dem Entsorger Veolia eine Anlage „zur thermischen Verwertung von Ersatzbrennstoffen“ errichten.

Der Kohlekonzern bewirbt das Projekt als „weiteren Beitrag zur Strukturentwicklung“. Kritiker bezeichnen das Vorhaben als „eine der größten Müllverbrennungsanlagen in Deutschland“, die die Klimaschutzziele gefährde und mit den angekündigten 50 Arbeitsplätzen von vornherein keinen wirklichen Beitrag zum Strukturwandel leiste.

Bis Ende September läuft die Frist für Einwendungen gegen das Vorhaben. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat Bundes- und Landesregierung vor wenigen Tagen aufgefordert, das Projekt zu stoppen: Müllverbrennung sei keine Innovation, sondern ein Relikt der Vergangenheit, das den Prinzipien des Kreislaufwirtschaftsgesetzes – Vermeidung, Wiederverwendung, Recycling – widerspreche und obendrein „Mülltourismus“ befördere.

Die DUH kritisiert vor allem, dass in der Anlage auch Kunststoffe verbrannt werden sollen: Zum einen seien die dafür zu kostbar, zum anderen hinterließen sie schadstoffbelastete Reste, die untertägig deponiert werden müssen.

Zurzeit wird das Kraftwerk Jänschwalde maßgeblich aus dem direkt benachbarten Tagebau versorgt.
Zurzeit wird das Kraftwerk Jänschwalde maßgeblich aus dem direkt benachbarten Tagebau versorgt.
© Patrick Pleul/dpa

Mit 480.000 Tonnen Jahreskapazität wäre die Anlage bei voller Auslastung knapp vergleichbar mit dem Müllheizkraftwerk der BSR in Ruhleben, in dem etwa die Hälfte des Berliner Restmülls verbrannt wird.

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Auf den Internetseiten der Leag ist von „nicht recycelbaren, als Ersatzbrennstoff aufbereiteten Abfällen“ die Rede, außerdem von bis zu 40.000 Tonnen Klärschlamm. Eine Anfrage zu Details wie Herkunft und Art der Brennstoffe ließ die Leag unbeantwortet.

Die ehemalige Grünen-Abgeordnete im Potsdamer Landtag Heide Schinowsky, die in Jänschwalde wohnt und die DUH berät, fürchtet, dass der Abfall für die Verbrennung von weither herangeschafft werden müsse: Ersatzbrennstoff sei auch in Papier- und Zementfabriken mit ihrem großen Energiebedarf gefragt.

Da das Kraftwerk Jänschwalde täglich zehntausende Tonnen Braunkohle verschlingt, ist es gut ans Bahnnetz angebunden. Allerdings fürchten Bewohner umliegender Gemeinden, dass künftig Müll per Lkw angeliefert wird.
Da das Kraftwerk Jänschwalde täglich zehntausende Tonnen Braunkohle verschlingt, ist es gut ans Bahnnetz angebunden. Allerdings fürchten Bewohner umliegender Gemeinden, dass künftig Müll per Lkw angeliefert wird.
© Christoph Soeder/dpa

Ein Leag-Vertreter habe in einer Einwohnerversammlung angekündigt, dass 80 Prozent aus 200 Kilometer Umkreis kommen sollen. „Das halte ich für überhaupt nicht umsetzbar“, sagt Schinowsky.

Schon jetzt wird Abfall mitverbrannt

Allerdings dürfen in Jänschwalde schon jetzt bis zu 400.000 Tonnen Abfall pro Jahr mitverbrannt werden – zusätzlich zur Braunkohle, die einen jährlichen CO2-Ausstoß von mehr als 20 Millionen Tonnen verursacht.

Das ist mehr als alle Berliner Emissionen zusammen. Hinzu kommen laut Schadstoffregister des Umweltbundesamtes mehr als 500 Tonnen Feinstaub sowie tonnenweise giftige Schwermetalle.

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Das Müllkraftwerk soll 50 Megawatt Strom und bis zu 100 Megawatt Fernwärme erzeugen. Letztere soll vor allem Cottbus versorgen, das seine Fernwärme schon bisher aus Jänschwalde bezieht. Nach Auskunft von Schinowsky könnte sich die Stadt von 2021 an komplett selbst versorgen, wenn sie wollte: Die Stadtwerke seien auf Gas und erneuerbare Energien umgestiegen.

Aber offenbar wolle Cottbus nicht, sondern habe kürzlich einen Zehnjahresvertrag mit der Leag abgeschlossen – weil die Wärme aus Kohle und Müll offenbar billiger sei als die selbst organisierten Alternativen.

Mehrere umliegende Gemeinden haben sich bereits gegen den Neubau in Stellung gebracht, weil sie Abgase und Lkw-Massen fürchten. Die Gemeindevertretung von Jänschwalde will sich nach Auskunft von Schinowsky formell als Einwenderin am weiteren Verfahren beteiligen. Für Mittwoch ist eine Info-Veranstaltung geplant: 18.30 Uhr, coronasicher auf dem Sportplatz Jänschwalde.

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