zum Hauptinhalt
Aktivisten der Initiative "Berlin Werbefrei".
© Julia Heine

Werbung in Berlin: Initiative „Berlin Werbefrei“ übergibt 42.810 Unterschriften

Die Initiative „Berlin Werbefrei“ hat fleißig Unterschriften gesammelt. Nun muss der Senat entscheiden, ob er ihre Ziele übernimmt.

Die Initiative „Berlin Werbefrei“ hat am Freitagvormittag zwölf Kartons mit insgesamt 42 810 Unterschriften an die Senatsverwaltung für Inneres und Sport übergeben. Rund 40 Aktivisten hatten diese in nur sechs Monaten gesammelt. Es kamen also mehr als doppelt so viele Unterschriften wie benötigt zusammen. Der Senat muss nun entscheiden, ob er die Ziele der Initiative übernimmt oder es auf ein Volksbegehren ankommen lässt.

Die engagierten Bürger haben sich zum Ziel gesetzt, die Hauptstadt von einem Großteil der Außenwerbung zu befreien, da das Stadtbild zunehmend überlagert werde.

Der Name „Berlin Werbefrei“ suggeriert zwar, dass Reklame komplett aus dem öffentlichen Raum verschwinden soll, es gibt aber Ausnahmen: Kulturelle, sportliche, politische oder andere Veranstaltungen sowie gemeinnützige Zwecke sollen weiterhin beworben werden dürfen. In Bahnhöfen und Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs sollen weniger strikte Regeln gelten. Hier dürfte auch Produktwerbung platziert werden, allerdings nur, um etwa Sanierungsmaßnahmen zu refinanzieren.

Anwalt und Mitbegründer des Projekts sieht Gefahr für Straßenverkehr

Fadi El-Ghazi, Anwalt und Mitgründer des Projekts, hat das sogenannte Antikommodifizierungsgesetz mit einigen Kollegen erarbeitet. Er sieht bei zunehmender Digitalisierung eine steigende Gefahr für den Straßenverkehr: „Bei digitaler Werbung lässt die Aufmerksamkeit der Autofahrer stark nach.“ Ein Auto mit Tempo 50 legt in 2 Sekunden eine Strecke von circa 28 Metern zurück. „In dieser Zeit kann viel passieren“, mahnt El-Ghazi an.

Es gehe nicht darum, einem Ladenbesitzer sein Schild wegzunehmen. Produktwerbung am Ort des Produktverkaufs soll weiterhin erlaubt sein. Keine Ausnahme macht die Initiative hingegen bei Behörden, Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen.

Vor allem von linker Seite wird das Projekt unterstützt

Politische Zustimmung bekommt „Berlin Werbefrei“ vor allem vonseiten der Linken. Auf einem Landesparteitag wurde offiziell beschlossen, das Projekt zu unterstützen. Doch es gibt auch Kritik: Am Freitag wurde ein offener Brief von Berliner Kulturvertretern veröffentlicht, die sich um fehlende Einnahmen und Aufmerksamkeit sorgen. Berndt Schmidt, Intendant des Friedrichstadt-Palastes und Unterzeichner des offenen Briefes, nennt den Gesetzentwurf „ein Desaster“. Weniger Werbung befürworte er, aber nur in Bezug auf Wildplakatierung und keine „ordentliche Reklame“.

Sollte die rot-rot-grüne Regierungsmehrheit die Ziele der Initiative nicht übernehmen, geht die Unterschriftensammlung für das eigentliche Volksbegehren los. Dann würden gut 170 000 Unterschriften gebraucht. Erst danach wäre ein Volksentscheid möglich. Der mögliche Termin sollte eigentlich auf die Europawahl im Mai 2019 fallen. Daraus wird aber nichts, da die amtliche Kostenschätzung länger als erwartet gedauert hat.

Denis Petri vom Verein „Changing Cities“, der das Volksbegehren trägt, sagt: „Die Stadt gehört den Bürgern und sie sollen sie auch gestalten dürfen.“ Unter dem Dach des Vereins lief auch die Initiative für ein Fahrrad-Volksbegehren, dessen wesentliche Ziele schließlich vom Senat übernommen und in Form des kürzlich verabschiedeten Berliner Mobilitätsgesetzes umgesetzt wurden.

Julia Heine

Zur Startseite