Einsteigen, Bitte!: In Wolfsburg ist’s gar nicht so schlimm
Die Pendler wollen nicht in Wolfsburg bleiben - trotz dreistündiger Fahrzeit. Warum eigentlich? So schlimm ist's gar nicht in Wolfsburg.
Drei Dinge vorneweg: Der Eindruck, alle ICE-Triebfahrzeugführer würden ständig verpennen in Wolfsburg zu halten, ist Blödsinn. Und der Eindruck, Wolfsburg sei furchtbar hässlich, ist ebenfalls unfair (man muss in der Innenstadt und auf dem Bahnhofsvorplatz nur kurz die Augen schließen). Außerdem gibt’s mitten in der Fußgängerzone – na klar – Wölfe aus Metall zum Draufrumklettern, in kinderfreundlicher Größe. Kreuzberg hat 150000 Einwohner – und damit gerade mal 30000 mehr als Wolfsburg. Die Stadt ist also gar nicht mal so klein. Es gibt sogar einen Flughafen, Betreiber ist die „Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH“ – eine Mogelpackung, weil sich der Airport in Braunschweig befindet, also 26 Kilometer entfernt. Obwohl: Der BER liegt ja auch nicht in Berlin, ist auch 23 Kilometer vom Brandenburger Tor entfernt (und nicht in Betrieb).
Überall Geschichte
Die Nazis haben die Stadt erst erschaffen. 1938 war das, ihr Name lautete: „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“. Nach dem Krieg blieben die VW-Werksmaschinen im Ort, der Name aber verschwand – schließlich gibt es wirklich eine Wolfsburg in Wolfsburg, wobei das eher ein Schloss ist. Überall Autos Seit der Expo 2000 gibt es die „Autostadt“ – eine Art Erlebnispark rund ums Auto am Mittellandkanal (der übrigens direkt zur Havel und damit nach Berlin führt). Kann man einen Besuch empfehlen? Ja, kann man ruhigen Gewissens – die Gebäudearchitektur und Landschaftsplanung ist allein beeindruckend (bitte rechts aus dem ICE-Fenster gucken).
Mit oder ohne Darm?
Wolfsburg ist ein Berliner Vorort, keine Frage. Früher hielten hier die Interzonenzüge erstmals in „Westdeutschland“, seit 1998 auch die ICEs aus Spandau. Es gibt einen vierspurigen „Berliner Ring“(direkt am alten Fußballstadion), Fußballer mit Wohnsitz in Charlottenburg, („Wegen der Internationalen Schule für meine Kinder“) und eine „VW-Currywurst“, die in der VW-Kantine verkauft wird.
André Görke