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Im roten Bereich. Wärmebildkameras zeigen, wo Häuser schlecht isoliert sind. Die Sanierung ist teuer für Eigentümer und Mieter – und daher ein Fall für die Politik.
© ddp

Rot-Schwarz verhandelt: In der Umweltpolitik geht's gemütlich zu

In Sachen Umwelt wird es für die SPD mit der CDU gemütlicher als mit den Grünen. Dennoch gibt es vor allem bei der Frage "Staat oder Privat" großen Diskussionsbedarf.

Wer im Wahlprogramm der CDU das Wort „Umwelt“ sucht, findet als ersten Treffer das Bekenntnis zum Weiterbau der Stadtautobahn „als aktive Umweltschutzmaßnahme“. Natürlich hat auch die CDU beim Themenbereich Umwelt, Klimaschutz und Energiepolitik noch mehr zu bieten. Aber der Passus zeigt exemplarisch, dass ein rot-schwarzer Senat umweltpolitisch eher zu Gemütlichkeit neigen dürfte als ein rot-grüner. Hinzu kommt, dass sich in den vergangenen fünf Jahren auch die SPD nicht als Öko-Partei hervorgetan hat: Klaus Wowereit war der Letzte, der Vattenfalls Pläne für ein riesiges Kohlekraftwerk an der Rummelsburger Bucht kritisierte. Den Ärger um die Einführung der Umweltzone musste Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) weitgehend allein ausbaden. Ähnlich erging es Lompscher bei ihren – verunglückten – Versuchen, ein Klimaschutzgesetz zu etablieren. Ernsthafter Zoff ist also schon wegen der mäßigen Ambitionen der jetzt Beteiligten nicht zu befürchten. Und doch wird die rot- schwarze Arbeitsgruppe zum Thema großen Diskussionsbedarf haben – weil es in manchen Bereichen objektiven Entscheidungsdruck gibt und in anderen grundsätzlichen politischen Dissens.

UMWELTZONE

Anders als die SPD war die CDU stets gegen die 2008 eingeführten und 2010 verschärften Fahrverbote für Dreckschleudern in der Innenstadt. Jetzt sagt CDU-Umweltpolitiker Carsten Wilke, man solle nicht ohne Not die Entscheidungen früherer Regierungen kassieren. Allerdings könnten die Ausnahmen – etwa für relativ neue Reisebusse mit gelben Umweltplaketten – erweitert werden. Die Umweltzone selbst hat nicht nur nachweislich die Luftqualität verbessert, sondern sich auch als absolut gerichtsfest erwiesen. Inzwischen gibt es bundesweit rund 40 solcher Gebiete.

KLIMASCHUTZGESETZ

Beide Partner befürworten das vom Umweltverband BUND mit IHK und Mieterbund erarbeitete Stufenmodell für die schrittweise Sanierung des Gebäudebestandes. Damit existiert eine Basis, auf der sich aufbauen lässt. Der SPD ist die frühzeitige Einbeziehung aller Beteiligten – Mieter- und Eigentümerverbände sowie Wirtschaft – wichtig. Da auch die CDU auf die sozialen Folgen achten will, muss vor allem über Zahlen verhandelt werden. Das betrifft die Grenzwerte für den Energiebedarf der Gebäude ebenso wie die angenommene Entwicklung der Energiepreise: Je stärker die Heizkosten steigen, desto teurer kann Nichtstun langfristig werden.

ÖFFENTLICHE GEBÄUDE

Die Energiesanierung landeseigener Liegenschaften wird teuer – und damit ein Fall für die Finanzfachleute. Beide Partner sehen den Handlungsbedarf, aber haben nur vage Vorstellungen, woher das Geld kommen soll: Die CDU hat eine „Klimarente“ ins Gespräch gebracht, bei der Beiträge zur Altersvorsorge zunächst als Kapitalspritze dienen und sich später über die eingesparten Energiekosten quasi verzinsen sollen. So ähnlich funktionieren seit den 1990ern bereits die Energiesparpartnerschaften, bei der private Dienstleister die Sanierung bezahlen und über die Einsparung refinanzieren.

ENERGIENETZE

Ende 2013 läuft der Vertrag für den Betrieb des Gasnetzes aus, Ende 2014 der für Strom und Fernwärme. Die SPD würde die Chance gern nutzen, um die zurzeit einer Gasag-Tochter und Vattenfall gehörenden Leitungen wieder unter Landesregie zu bringen. Zwar sind sämtliche Gebühren reguliert, aber SPD-Umweltexperte Daniel Buchholz sieht sowohl die Chance auf eine stabile Einnahmequelle fürs Land als auch auf mehr politischen Einfluss, etwa für die Einspeisung dezentral erzeugter Energie. Zunächst müsste das Land allerdings einen wohl dreistelligen Millionenbetrag für den Rückkauf aufbringen. CDU-Mann Wilke kann sich stattdessen vorstellen, den Energieunternehmen ihre Netze zu lassen und die Konzessionsabgaben für die Sanierung öffentlicher Gebäude zu nutzen. Die Idee müsse aber zunächst parteiintern beraten werden. Allzu viel Zeit bleibt nicht, denn die grundsätzliche Entscheidung, ob der Betrieb neu ausgeschrieben wird, muss zwei Jahre vor Vertragsende gefallen sein – fürs Gasnetz also noch 2011.

ENERGIEVERSORGER

Die CDU fordert in ihrem Wahlprogramm, was die EU langfristig ohnehin verlangt und Vattenfall testweise schon tut: den Einbau „intelligenter Stromzähler“, die zum Sparen und zum Verbrauch in nachfrageschwachen Zeiten animieren. Außerdem wird die Vernetzung von Energieerzeugern und der Aufbau eines Netzes von Kleinkraftwerken gefordert. Das unterstützt auch die SPD. Ein großer Wurf wie das von den Grünen geplante „Klimastadtwerk“ mit 500 Millionen Euro Startkapital oder der vom scheidenden Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) geplante Aufbau eines kommunalen Versorgers ist dagegen nicht geplant.

BSR

Bei der Stadtreinigung geht es gleich mehrfach um die Frage „Privat oder Staat?“: SPD-Mann Buchholz will das „bundesweit vorbildliche“ Landesunternehmen stärken und würde der BSR langfristig am liebsten den kompletten Winterdienst übertragen, um das Durcheinander der nur stückweise geräumten Wege zu beenden. Für die CDU dagegen ist ein BSR-Monopol auch bei der Entsorgung kein Naturgesetz. So könnte sich das Rennen zwischen der privaten „Gelben Tonne plus“ und der kommunalen „Orange Box“ in den Koalitionsverhandlungen entscheiden.

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