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Dieser Mann möchte Berlin regieren. Jan Stöß, 41, tritt an um Klaus Wowereit zu beerben. Beim Tagesspiegel erzählte er jetzt von seinen Plänen.
© Thilo Rückeis

Möglicher Wowereit-Nachfolger Jan Stöß: „In der SPD wird man gut auf den Job vorbereitet“

Parteichef Jan Stöß hatte beim Tagesspiegel seinen ersten Wahlkampfauftritt vor großem Publikum – und sprach über Olympia, den BER und seine Skepsis gegenüber der Bürgerbeteiligung.

SPD-Landeschef Jan Stöß sprach am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung im „Berlin Maximal Club“ des Tagesspiegels über seine Kandidatur für das Amt des Regierenden Bürgermeisters. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem angekündigten Rücktritt von Klaus Wowereit sprach er mit Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt und Gerd Appenzeller, Chefredakteur des Magazins „Tagesspiegel-Köpfe“, darüber wie es nun in Berlin weitergehen soll.

Wir dokumentieren seine wichtigsten Aussagen zu den Themen, die unsere Leserinnen und Leser umtreiben. Auf die Frage, ob der Job des Regierenden Bürgermeisters nicht zu belastend sei, reagierte Jan Stöß schon ganz am Anfang mit einem Seufzer. „Der Job des SPD-Landeschefs bereitet mich sehr gut vor auf diese Aufgabe. In der Berliner SPD gibt es genügend Häme und Gülle.“

Großprojekte. Akzeptanz dafür werde nur dann in der Bevölkerung herrschen, wenn die Infrastruktur vernünftig instand gehalten und Ausgebaut werde. Stinkende und kaputte Schultoiletten seien ein Hindernis für Großprojekte in Berlin.

Flughafen BER. Die Fertigstellung des Großflughafens ist laut Stöß die wichtigste Aufgabe für den nächsten Regierenden Bürgermeister. Das Projekt in Schönefeld müsse zusammen mit der neuen Landesregierung in Brandenburg oberste Priorität haben. Das Kapazitätsproblem, das sich schon jetzt abzeichnet, sieht Stöß gelassener als so mancher Politiker in der Opposition: „Tegel kann offiziell auch nur neun Millionen Passagiere abfertigen, jetzt verzeichnen wir gerade schon 18 Millionen Reisende dort.“ Am Ende bliebe die politische Verantwortung immer am Regierenden Bürgermeister hängen, sagte Stöß auf die Frage ob er sich auch vorstellen könne, Vorsitzender des BER-Aufsichtsrates zu werden. Es gelte, die Planungsfehler aus dem Weg zu räumen.

Olympia. Die Spiele seien für Berlin eine große Chance, und Jan Stöß freue sich wenn sie in der Hauptstadt stattfinden würden: „Aber nicht um jeden Preis.“ So könne Berlin nicht wie Hamburg fünf Milliarden Euro für Sportstätten aufbringen, die am Ende niemand mehr benutzen werde. Wichtig sei es auch, dass Olympia in Berlin nicht über Schulden oder drastische Einsparungen finanziert werde, sagte er. Außerdem sei das Jahr 2028 besser geeignet. Der Grund: Wenn schon 2024 Olympische Spiele in Berlin stattfinden würden, müsste dafür schon im kommenden Jahr ein Haushaltplan vorgelegt werden.

Direkte Demokratie. Jan Stöß, der maßgeblich die Bebauungskampagne für das Tempelhofer Feld geführt hat, hält nicht viel von der Forderung nach pauschal mehr Bürgerbeteiligung. „Es kann keine Antwort sein, bei jeder Abstimmungsniederlage neue Abstimmungen zu initiieren.“ Der Volksentscheid rund um das Tempelhofer Feld zeige, dass es einen Reformbedarf bei der Direkten Demokratie in Berlin gebe: „Das Verfahren ist kompliziert und nicht transparent“, sagte Stöß. Er stehe allerdings immer dafür ein, dass die parlamentarische Demokratie in Berlin gestärkt werden müsse.

Neuwahlen. Als Chefredakteur Lorenz Maroldt fragte, ob es nicht kritisch zu betrachten sei, dass nun die rund 17 000 SPD-Mitglieder in Berlin über die Wowereit-Nachfolge entscheiden würden, schüttelte Stöß energisch den Kopf: „Dieses Verfahren ist transparent, öffentlich und besser als dass irgendwelche Funktionäre hinter den Kulissen einen neuen Bürgermeister bestimmen würden“. Neuwahlen lehnt der SPD-Chef grundsätzlich ab, er wolle weiter mit der Großen Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode regieren.

Kreuzberg. Vieles laufe dort unter der grünen Bezirksbürgermeisterin falsch. So sei der Görlitzer Park ein „Schandfleck in Berlin“, es könne nichts ein, dass Drogendealer jeden Passanten dort belästigen würden. „Das ist eine geplante Verwahrlosung.“ Man müsse in Berlin mehr über den Umgang mit dem Öffentlichen Raum nachdenken.

Bezirksreform. Auch über eine Neuordnung der Berliner Verwaltungsstruktur müsse man in der Hauptstadt stärker nachdenken. „Die Bezirke in Berlin haben die falschen Anreize Politik zu machen“, sagte Stöß. So gebe es keine Motivation für die Bezirksverwaltungen Wirtschaftsunternehmen zu fördern. Das müsse sich ändern, denn Berlin müsse ein attraktiver Wirtschaftsstandort sein.

Brandenburg. Mehr Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden, wünschte sich Jan Stöß ausdrücklich. Dann könne man erst über eine Fusion mit dem Land Brandenburg reden.

Zentrale Landesbibliothek. Jan Stöß outete sich als Anhänger einer zentralen Landesbibliothek. Das sei ein wichtiges Projekt für die Stadt. Er sehe auch in der Amerika-Gedenkbibliothek einen guten Standort für einen Ausbau.

Kultur. Als ehemaliger Kulturstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg freue sich Jan Stöß wenn er auch Kultursenator werden würde: „Ich gehe gerne ins Theater.“

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