zum Hauptinhalt
Wer seinen Job will, muss einiges mitbringen: Klaus Wowereit.
© dpa

Anforderungen an Regierenden Bürgermeister: Wowereit verlässt einen Spitzenjob

Bewerber auf Wowereits Nachfolge aufgepasst: Der Regierende Bürgermeister muss 18 Jahre alt und Deutscher sein - aber auch eine ganze Menge mehr.

Regierender Bürgermeister? Kann ja jeder. Zumindest werden, denn es gibt für diesen Job keine formalen Voraussetzungen, ausgenommen eine, selbstverständliche: Der Amtsinhaber muss das passive Wahlrecht besitzen, also deutscher Staatsbürger und 18 Jahre alt sein. Auch ein Abgeordnetenmandat ist nicht erforderlich – es gibt schlicht keine weiteren Einschränkungen. In der Praxis sieht das natürlich ganz anders aus, denn einerseits dauert die Ochsentour durch die Parteiinstitutionen viele Jahre, andererseits kommen herausragende Seiteneinsteiger auch nicht direkt vom Gymnasium.

In aller Regel wird das Amt also Fraktions- oder Parteivorsitzenden oder erfolgreichen Senatoren angetragen, wie jetzt in Berlin. Zwar ist die Möglichkeit eines Seiteneinstiegs hier noch nicht völlig vom Tisch, aber am mangelnden Interesse zeigt sich, dass Berlin eben eine relativ normale Stadt geworden ist, deren Spitzenmann vor allem eine unübersichtliche und unterfinanzierte Verwaltung zusammenhalten muss ohne die Chance, wie Willy Brandt durch dramatische Auftritte im Kampf für die Freiheit weltberühmt oder wenigstens Bundeskanzler zu werden.

Bundes- und Kommunalpolitik

Der Regierende Bürgermeister ist dennoch ein Unikum: Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich die Tatsache, dass Berlin gleichermaßen kreisfreie Stadt wie vollwertiges Bundesland ist. Der Amtsinhaber muss also die Bundesebene im Auge behalten, spätestens, wenn er turnusmäßig Bundesratspräsident wird, er ist natürlich Chef der Landesregierung, aber immer auch irgendwie für die Kommunalpolitik zuständig und gefordert, Vorgänge von dort an sich zu ziehen, wenn es anders nicht weitergeht.

Gewählt wird er mit der Mehrheit der abgegebenen Abgeordnetenstimmen; Senatoren ernennt und entlässt er selbst, mit dem Rücktritt endet auch die Amtszeit der Senatoren. Seine Richtlinienkompetenz ist anders als die des Bundeskanzlers eingeschränkt. „Der Regierende Bürgermeister bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik. Sie bedürfen der Billigung des Abgeordnetenhauses“, heißt es in der Berliner Verfassung.

Hinter diesen Formalien beginnt das weite Feld der subjektiven Anforderungen. Im Jargon der Stellenanzeigen wird man ausgeprägtes politisches Gespür und höchste Belastbarkeit voraussetzen dürfen, dazu die Bereitschaft, auch zu ungewöhnlichen Tageszeiten zu arbeiten, weiter die Fähigkeit, ein total verfahrenes Durcheinander wie den BER auf die Reihe zu bekommen. Der Neue muss – wie Wowereit – das moderne, in aller Welt geschätzte Berlin werbewirksam verkörpern, aber auch – wie Wowereit weniger – bereit sein, soziale Missstände einfühlsam aufzugreifen und effektiv zu bekämpfen. Geschätzt oder auf Augenhöhe akzeptiert bei Wirtschaftsführern und Gewerkschaften, Verbänden und anderen Organisationen zu sein, das gehört ebenfalls dazu.

Mit den Bürgern, gegen die Opposition

Ferner sollte er in der Lage sein, große Reden wenn nicht zu schreiben, so doch zu halten, vor allem im Abgeordnetenhaus, wo ihm die Aufgabe zukommt, zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien die Opposition in Schach zu halten. Überragende kommunikative Fähigkeiten im Wahlkampf wie bei sonstigen Zusammentreffen mit den Bürgern verstehen sich von selbst, aber der Amtsinhaber muss überdies psychisch in der Lage sein, gemeine persönliche Angriffe souverän an sich abgleiten zu lassen.

Zum Ausgleich dafür spendiert ihm das Land ein anständiges, doch nicht berauschendes Gehalt von 13 563 Euro im Monat, die übliche Begleitmusik wie den gepanzerten Dienstwagen und die Sicherheit, auf Wunsch in nahezu jede Kulturveranstaltung bevorzugt eingelassen zu werden. Auch die Pension befindet sich auf einem Niveau, für das ein gewöhnlicher Angestellter 100 Jahre länger arbeiten müsste – auf Wowereits Konto werden demnächst Rund 7000 Euro monatlich überwiesen, sofort, weil er länger als zehn Jahre im Amt ist. Es hätte für den Landeshaushalt schlimmer kommen können: Jeder weitere Tag im Amt hätte seine Pension laut Steuerzahlerbund um 92 Cent erhöht.

Zur Startseite