Unfälle im Berliner Straßenverkehr: In der Mitte ein Geisterrad
In Adlershof wurde des tödlich verunglückten Radfahrers gedacht. Er war seit Jahresbeginn der achte, der von einem Abbieger getötet wurde.
Während etwa 100 Menschen schweigend ihre Fahrräder auf die Kreuzung von Hermann-Dorner-Allee und Eisenhutweg legen und sich auf den Asphalt setzen, bleibt ein älteres Paar etwas abseits stehen. Mit seiner Frau hat er am Freitagmittag im Auto an der Ampel auf dem Eisenhutweg gewartet, während auf der Gegenfahrbahn die Notärzte gerade den Kampf ums Leben des 34-jährigen Radfahrers verloren. Der Mann lag hinter dem Container-Lkw der BSR, der ihn beim Rechtsabbiegen an der grünen Ampel überfahren hatte. Er war der achte seit Jahresbeginn, der von einem Abbieger getötet wurde.
Ihre Tochter habe ihnen von der Mahnwache am Sonntagabend erzählt, sagt der Mann. „Wir haben eine Kerze mit“, fügt seine Frau leise hinzu, während er sich die Tränen aus den Augen wischt.
Es sind ein paar Leute aus Adlershof und Umgebung gekommen und viele vom ADFC und dem Verein Changing Cities, die Mahnwachen für tödlich verunglückte Radfahrer und Fußgänger organisieren. Viele fühlen sich ermüdet, frustriert. Eine Rednerin vom „Netzwerk fahrradfreundliches Treptow-Köpenick“ zitiert die im Mobilitätsgesetz verankerte „Vision Zero“ als Maßstab aller Verkehrsplanungen, fordert getrennte Ampelschaltungen für Abbieger und Geradeausverkehr sowie mehr Tempokontrollen. Danach ist nur noch das Klacken der Ampeltaster auf der gesperrten Kreuzung zu hören. Im letzten Sonnenlicht leuchtet die pinkfarbene Aster, die jemand an den Ampelmast geklebt hat. Zwischen den Trauernden liegen ein weißes Geisterrad und ein Blumenstrauß.
Mitten in der Menge sitzt Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD). „Es wird einfach allerhöchste Zeit, die Ampelphasen zu trennen“, sagt er, dessen Behörde für diese relativ übersichtliche Kreuzung nicht zuständig ist, sondern die Verkehrslenkung beim Senat. „Wir können nicht warten, bis alle Lkw Abbiegeassistenten haben.“ Aber das mit den Ampelphasen sei mit der Verkehrslenkung bisher nicht zu machen. Ansonsten sehe er hier nur die Chance, die Wartelinie für die Autos zurückzuverlegen, damit die Radfahrer an der Ampel weiter vorn im Sichtfeld der Motorisierten stehen. Dann starten die Radfahrer zur Demo, zur Verkehrsverwaltung, zum Bundesverkehrsministerium und weiter zum Roten Rathaus. Zu jenen, die für mehr Sicherheit sorgen müssten.