Teure Scheidungen: In Berlin gehen immer weniger Ehen zu Bruch
Die Zahl der Scheidungen geht zurück. Das könnte aber einen ganz pragmatischen Grund haben: Es ist billiger, als getrenntes Paar den Ehestand zu behalten.
Na wenn das mal keine gute Nachricht für die Hauptstadt der Hedonisten wäre. Mag das flüchtige Glück auf Partys und in Bars so greifbar sein wie nie, das Band der Ehe ist der vielfältigen Versuchungen zum Trotz so fest geschnürt wie lange nicht: Die Berliner lassen sich so wenig scheiden wie fast ein Vierteljahrhundert nicht mehr. Nur 6253 Ehen gingen im vergangenen Jahr in die Brüche, 2,7 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Und wenn das verflixte sechste (!) Jahr nicht wär’, dann läge die Scheidungsquote sogar noch niedriger.
Aber ist das wirklich wahr? Die Zahlen sind es schon, nur dass sich diese auch ganz unromantisch erklären lassen. „Eine Scheidung kommt teuer, deshalb belassen es auch längst getrennte Paare lieber beim Ehestand“, sagt Peter Kuchta vom Amt für Statistik. Und Kuchta führt gleich noch ein prominentes Beispiel an für das pragmatische Berliner Verhältnis zur Ehe: Der frühere Hausherr von Schloss Bellevue lebte daselbst auch in wilder Ehe – ohne zuvor von seiner kirchlich angetrauten Gattin geschieden worden zu sein.
Liebe ist wie Glück wohl doch ein flüchtig’ Ding – nach sechs Jahren droht oft der Rosenkrieg. Wer den aber umgeht oder übersteht, hat wieder bessere Aussichten auf ein verlängertes Eheleben. Allerdings sind die Zeiten vorbei, als der soziale Druck noch der Scheidung im Wege stand. Dafür spricht, dass die Scheidungsrate in ländlich geprägten Gebieten bundesweit am höchsten ist, dagegen in Stadtstaaten wie Bremen und Berlin am geringsten. Dazu passt auch: Berlins türkische Gemeinden haben – womöglich auch wegen eines patriarchalen Flashbacks – eine unterdurchschnittliche Scheidungsquote (1,8 Prozent).
Ralf Schönball
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