Standesamt in Berlin-Mitte überlastet: Um 4 Uhr morgens anstehen fürs Heiraten
Heiraten für Frühaufsteher: Warum Brautleute am Standesamt in Berlin-Mitte bereits bei Tagesanbruch Schlange stehen müssen.
Wer sich im Standesamt Mitte in der Parochialstraße zur Eheschließung anmelden will, muss früh aufstehen. "Man müsste meinen, dass Heiraten eine schöne Sache sei, nicht jedoch in Mitte", schreibt Sophie Schweikert dem Tagesspiegel. Auch Online-Bewertungen zum Standesamt Mitte bestätigen die schwierigen Umstände: "Um eine Wartenummer vielleicht zu bekommen, muss man um 4 Uhr früh vor der Tür stehen. Für 'normal' arbeitende Menschen kaum machbar."
Schweikert berichtet, dass "die ersten Heiratswilligen sich bereits um vier Uhr morgens anstellen müssen, um eine Chance auf eines der gut zehn Bearbeitungstickets zu bekommen", allerdings würden im Schnitt dreimal so viele gebraucht. Auf Zeitungen und Klappstühlen, in Decken gehüllt, kampieren die Verlobten vor dem Amt, bis sich um 7.30 Uhr die Türen öffnen.
Dem Bezirksamt ist das Problem bekannt
Die Glücklichen, die ein Ticket bekommen, dürfen in die Wartehalle, die anderen werden vertröstet. An nur zwei Tagen unter der Woche hat das Amt für spontane Anfragen geöffnet. Innerhalb von dreieinhalb Stunden bearbeiten zwei Beamte die Anträge derjenigen, die einen Termin für die eigentliche Hochzeit vereinbaren wollen. Einen schwachen Lichtblick gibt es: Für Donnerstage werden Termine vergeben – aber mit vier Wochen Vorlauf.
Dem Bezirksamt ist das Problem bekannt. "Altersbedingte und individuelle Abgänge haben zu fünf unbesetzten Stellen geführt. So sind die derzeitigen Beamten an ihrer individuellen Leistungsgrenze angekommen", sagt Stadträtin Sandra Obermeyer (parteilos, für Linke). "Dabei stehen wir in Konkurrenz zu Landes- und Bundesbehörden, die besser zahlen. Hinzu kommt, dass man, um auf dem Standesamt zu arbeiten, eine Zusatzausbildung absolvieren muss. So springen manche Bewerber wieder ab." Seit Monaten wird mit der Senatsverwaltung für Finanzen und dem Abgeordnetenhaus an einer Lösung gearbeitet.
Bewohner aus Mitte können sich auch nur in Mitte trauen lassen
Auch andere Berliner Standesämter haben ähnliche Öffnungszeiten – aber meist bessere Online-Bewertungen. Allerdings haben Heiratswillige in Mitte nicht die Möglichkeit, auf andere Ämter auszuweichen. Lediglich in dem Bezirk, in dem mindestens einer der künftigen Ehepartner gemeldet ist, bekommt man beim Standesamt die Lizenz zum Ja-Sagen – trauen kann man sich in einem anderen.
Schweikert und ihr Verlobter haben nun doch einen Trauungstermin bekommen. Eigentlich wollten sie sich in Mitte nur anmelden und dann in Reinickendorf heiraten. Das hat nicht geklappt. Aber so kommen sie zumindest noch einmal in besserer Stimmung zurück in die Parochialstraße.
Lilith Grull