Vorkaufsrecht im Bergmannkiez: Immobilienfirma verklagt Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Beim Verkauf eines Hauses im Bergmannkiez übte das Bezirksamt sein Vorkaufsrecht aus. Dagegen legte das betroffene Immobilienunternehmen Widerspruch ein. Nun kommt es zum Prozess.
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg wird wegen des Vorkaufsrechts nun von einem privaten Immobilienunternehmen verklagt. Es geht um ein Haus in der Heimstraße im Bergmannkiez am Dreifaltigkeitsfriedhof. Dort wurde 2017 ein Mietshaus vom Eigentümer an eine Grundstücksgesellschaft verkauft.
Doch das Bezirksamt schritt ein und machte von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch. Das Gebäude wurde einer Wohnungsbaugesellschaft des Landes Berlin übertragen. Das Immobilienunternehmen legte Widerspruch dagegen ein, der Bezirk lehnte ab – nun verhandelt das Verwaltungsgericht am nächsten Donnerstag, 17. Mai, den Fall. Und der ist nicht der einzige, um den prozessiert wird. Die zunehmenden Eingriffe von Senat und Bezirken beim Verkauf von Mietshäusern werden auf den Prüfstand gestellt.
Das Mehrfamilienhaus liegt im Milieu- und Erhaltungsgebiet Chamissoplatz. Das Bezirksamt begründete sein Einschreiten gegen den Immobiliendeal damit, dass damit die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten werden solle. Zwar waren die Mieten durch öffentliches Fördergeld preisgebunden. Doch nach Ansicht des Bezirksamts drohten erhebliche Mietsteigerungen - und Miet- könnten in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, wenn die Förderbindung ausläuft.
Als Grund für die Annahme führte der Bezirk an, dass das Privatunternehmen, also der Käufer, eine Abwendungsvereinbarung nicht unterschrieben habe, mit der es sich zu moderaten Mieten verpflichtet hätte.
Kläger bezieht sich auf das Baugesetzbuch
Das Unternehmen wollte das nicht akzeptieren und zog gegen das Bezirksamt vor das Verwaltungsgericht. Aus Sicht der Grundstücksgesellschaft hätte der Bezirk das Vorkaufsrecht gar nicht anwenden dürfen, weil die Immobilien ohnehin entsprechend der Erhaltungsverordnung genutzt werden. Die Mietpreisbindungen durch die Fördermittel liefen auch erst im Jahr 2026 aus. Und laut Verwaltungsgericht befand das Unternehmen, in Milieuschutzgebieten gebe es „weder ein Bedürfnis für die Ausübung eines Vorkaufsrechts“ noch sei dieses durch das Allgemeinwohl gerechtfertigt.
Dabei beziehen sich die Kläger auf das Baugesetzbuch. Demnach muss selbst bei Interessen des Allgemeinwohls - wie dem Erhalt der Sozialstrukturen - der Verkauf oder Umbau in Milieuschutzgebieten genehmigt werden, wenn ansonsten der Erhalt der Immobilien wirtschaftlich nicht mehr zumutbar wäre.
Das Verwaltungsgericht selbst geht davon aus, dass der Fall ohnehin in die nächsten Instanzen geht. Und dass das massive Vorgehen der Bezirke bei Immobiliengeschäften durch das Vorkaufsrecht die Gerichte in den nächsten Jahren noch vielfach beschäftigen dürfte. Denn faktisch geht es um einen staatlichen Eingriff: Eigentum wird quasi-verstaatlicht und an landeseigene Unternehmen übertragen – und das nicht mehr nur in Einzelfällen.
Der Berliner Senat und das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg waren erst vor einem Jahr vor dem Landgericht gescheitert, als es ebenfalls um das Vorkaufsrecht ging. Die Immobiliengesellschaft des Bundes, die Bima, wollte Miethäuser an einen Investor verkaufen, der Bezirk schritt ein – aus Sorge vor Preisspekulationen und steigenden Mieten.
Das Gericht befand, dass es für ein Vorkaufsrecht nicht ausreicht, wenn ein Haus in einem Milieuschutzgebiet liegt. Deshalb strengt der Senat nun einen Musterprozess an und legte gegen das Urteil Berufung vor dem Kammergericht ein.
Der Senat will damit vor allem erreichen, dass die Kriterien für einen Vorverkauf genauer gefasst werden. Die Gefahr dabei: Das Vorkaufsrecht, das von Senat und Bezirken gegen steigende Mieten zunehmend genutzt wird, könnte durch Gerichtsentscheidungen zu einem stumpfen Instrument werden.
Der Berlin-Monitor zeigt Ihre Meinung zu den großen Themen der Hauptstadt. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.