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Sturm auf die Bastille: Dass die bürgerlichen Revolutionen dem neuen "Längsschnittmodell" zum Opfer fallen könnten, war für viele Anlass zu heftiger Kritik.
© Imago

Geschichtsunterricht in Berlin: Im Streit um Lehrpläne zeichnet sich Kompromiss ab

Bildungssenatorin Sandra Scheeres wollte den Geschichtsunterricht reformieren, doch die Lehrer begehrten auf. Jetzt lud Scheeres die Kritiker ein. Auch der Lehrer des Jahres Robert Rauh war dabei - und war nach dem Treffen optimistisch.

Im Streit um die neuen Rahmenpläne zeichnet sich ab, dass Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) den Geschichtslehrern entgegenkommt. Jedenfalls wurden die Hauptkritiker, darunter der Lehrer des Jahres, Robert Rauh, in die Verwaltung eingeladen, um ihre Alternativvorschläge zu präsentieren. „Ich bin optimistisch, dass ein Kompromiss gefunden wird“, sagte Rauh auf Anfrage. Dieser Kompromiss könne darin bestehen, dass jeweils im ersten Halbjahr chronologisch die Grundzüge einer Epoche Thema wären. Im zweiten Halbjahr würden zwei verbindliche Themen vorgeben, anhand derer man die Epoche durchnähme. Dabei könnten die Lehrer selbst die Methode wählen. Zur Wahl stehe Fallanalyse, Vergleich und Längsschnitt. In diesem Zusammenhang könne man auch "gern mit Gegenwartsbezug" arbeiten, um die Schüler besser zu erreichen, schlägt Rauh vor.

Stoff muss entschlackt werden

Unabhängig von der Methodik steht fest, dass der Stoff entschlackt werden muss, da es vielen Lehrern nicht gelingt, bis Klasse 10 in der Gegenwart anzukommen. Vielmehr beenden sie den Unterricht mit dem Thema "2. Weltkrieg/NS-Zeit". Die Nachkriegsgeschichte bis hin zum Mauerfall bleibt dann außen vor. Als Beispiel, wo Themen gestrichen werden könnte, nennt Rauh die bürgerlichen Revolutionen. Man müsse nicht gleichermaßen die Amerikanische und Französische Revolution sowie die Deutsche Revolution von 1848/49 behandeln.

Historiker, Referendarausbilder, Schulbuchautor, Initiator der Schlossgespräche Schönhausen - und Lehrplankritiker: Robert Rauh, der Lehrer des Jahres 2013, hatte sogar eine Online-Petition gestartet.
Historiker, Referendarausbilder, Schulbuchautor, Initiator der Schlossgespräche Schönhausen - und Lehrplankritiker: Robert Rauh, der Lehrer des Jahres 2013, hatte sogar eine Online-Petition gestartet.
© Susanne Vieth-Entus

Wie berichtet, hat Rauh im Internet eine Petition gestartet, die sich gegen die Pläne für das Fach Geschichte und den neuen Lehrplan stellt. Kritisiert wird insbesondere, dass Geschichte in dem neuen Fach Gesellschaftswissenschaften (Kl. 5/6) kaum noch zu entdecken sei und dort zudem fachfremd unterrichtet werde. Zudem sei die Abkehr von einem chronologisch vorgehenden Geschichtsunterricht hin zum Längsschnitt-Verfahren "für die unteren Jahrgangsstufen als ausschließliches Unterrichtsprinzip ungeeignet". Und schließlich korrespondiere der Entwurf nicht mit dem Lehrplan für die gymnasiale Oberstufe.

Dauer der Onlinepetition wurde verlängert

Bislang sind über 6350 Unterschriften eingegangen. Rauh und sein Mitstreiter vom Geschichtslehrerverband Peter Stolz haben unterdessen entschieden, die Frist, in der man noch unterschrieben kann, um drei Monate und damit bis zum Beginn der Sommerferien zu verlängern. Spätestens seit einer großen Diskussions- und Informationsveranstaltung zu dem Thema ist klar, wie groß die Gegenwehr gegen die Pläne der Verwaltung ist.

Anders als beim Fach Geschichte zeichnet sich noch kein Entgegenkommen von Scheeres in Bezug auf die Systematik der neuen Lehrpläne ab: Bisher sieht es so aus, dass es bei einem einzigen Rahmenplan für alle Schulformen bleibt, auch wenn die CDU dahinter die Vorbereitung auf die „Einheitsschule“ vermutet. Offen ist, ob Scheeres der Forderung der Lehrer und der CDU folgt, die neuen Rahmenpläne erst 2017/18 umzusetzen statt schon 2016/17. Berlin und Brandenburg haben sich Herbst 2014 auf neue Rahmenpläne für alle Schulfächer geeinigt.

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