zum Hauptinhalt
Frank Henkel will für den Wahlkreis Mitte in den Bundestag. Bei der letzten Bundestagswahl gewann hier Eva Högl von der SPD.
© imago/snapshot

Berliner CDU-Politiker Frank Henkel: „Ich habe Zweifel, dass die Tegel-Offenhaltung richtig ist“

Der Berliner Ex-CDU-Chef und Wahlkreiskandidat in Mitte, Frank Henkel, über den Tegel-Volksentscheid, seine Partei, den Fall Amri und Englisch sprechende Kellner.

Herr Henkel, seit der Abgeordnetenhauswahl sind Sie untergetaucht. Wo waren Sie?

Das ist vielleicht Ihre Wahrnehmung. Ich dagegen nehme sehr aktiv mein Mandat als Abgeordneter wahr. Außerdem habe ich im Februar die Entscheidung getroffen, für den Bundestag zu kandidieren, und hatte zahlreiche öffentliche und parteiinterne Auftritte. Wer mich sehen und treffen wollte, hatte dazu sehr viele Gelegenheiten.

Was haben Sie in den letzten Monaten gemacht?

Ich habe meinen Wahlkampf vorbereitet und meine Aufgaben als Abgeordneter erfüllt.

Verschicken Sie wie die Reinickendorfer CDU für den Kandidaten Frank Steffel Briefe mit Textbausteinen, Kopfzeile und Unterschrift von Angela Merkel?

Nein, ich verzichte im Wahlkampf darauf, Briefe an Wähler zu verschicken.

Wie kommt es, dass Sie jetzt wieder für die CDU kandidieren, obwohl Sie alle Ämter und Funktionen im Berliner Landesverband und im Kreisverband Mitte abgegeben haben?

Die CDU in Mitte hatte mich gebeten, für den Bundestag zu kandidieren. Das war eine Entscheidung, die ich mir nicht leicht gemacht habe. Die Erfahrungen des Abgeordnetenhauswahlkampfs lagen gerade erst einige Monate zurück. Die Partei hat mir dann das Vertrauen ausgesprochen. Seitdem bin ich am Planen und Konzipieren, was wir im Wahlkampf machen wollen. Jetzt ist die Sommerpause zu Ende. Die heiße Phase wie in allen anderen Wahlkreisen beginnt. Ich habe bereits Diskussionen in Schulen, Unternehmen und mit vielen Menschen in Mitte geführt. Das war ein guter Vorgeschmack darauf, was in den nächsten Wochen geballt auf mich zukommt.

Was meinen Sie mit Wahlkampferfahrungen? Ihre Wahlniederlage mit 17,6 Prozent?

Ja, ich habe die Verantwortung als Parteivorsitzender und Spitzenkandidat in dem Wahlkampf getragen. Wenn man so ein schlechtes Ergebnis bekommt, muss man sich der Frage stellen, ob man gleich wieder in die politische Arena steigen und kandidieren soll. Das habe ich mir gründlich überlegt und dann meine Entscheidung getroffen.

Fühlen Sie sich von Ihrer Partei gut behandelt?

Ja, sonst hätte ich diese Entscheidung nicht getroffen. Es ist die CDU in Mitte, die mich zum Direktkandidaten gewählt hat. Die Mitglieder haben sich gut eingebracht mit Ideen zum Wahlkampf. Das sind die stärksten Unterstützer in meinem Wahlkampf und das wichtigste Kapital für eine Partei.

Frank Henkel.
Frank Henkel.
© Sven Darmer

Verteilt der unterlegene Mitbewerber Philipp Lengsfeld auch Flyer für Sie?

Ich bin mir sicher, dass Philipp Lengsfeld im Wahlkampf aktiv ist. Davon abgesehen gewinnt man mit Flyern allein keine Wahl.

Aus Ihrer eigenen Partei waren Sie Sexismusvorwürfen ausgesetzt. Und danach wurden Sie auch als Kreisvorsitzender abgelöst. Da wehte Ihnen doch ein scharfer Wind von Parteifreunden entgegen.

Das erste Thema ist abgeschlossen. Die Entscheidung, den Kreisvorsitz abzugeben, war eine absolut autonome und selbstbestimmte Entscheidung. Da hat mich niemand gedrängt, im Gegenteil.

Ihre Partei hat Sie auch nicht auf der Landesliste nominiert. Das haben Sie auch einfach so hingenommen?

Ich habe das akzeptiert. Da gibt es auch nichts zu jammern. Das entspricht jedenfalls meiner Haltung. Nach einer solchen Niederlage wie im letzten Herbst ist so etwas übrigens nichts außergewöhnliches. Die Landesvorsitzende Monika Grütters hat ihre Vorstellungen einer Liste präsentiert und durchgesetzt. Das ist ein Zeichen von Stärke. Ich habe immer gesagt, dass politische Ämter auf Zeit vergeben werden. Politik ist nicht planbar. Mit dieser Einsicht habe ich auch kein Problem. Und ich gehörte nie zu denjenigen, die glauben, dass eine berufliche durch eine politische Karriere ersetzt werden kann.

Wie erklären Sie jetzt dem Wähler in Mitte, dass er Sie wählen soll?

Mitte bekommt die aktuellen Probleme so stark zu spüren wie kaum ein anderer Bezirk. Schon die Nähe zum Bundestag zeigt die enge Verbindung vieler Fragen zur Bundespolitik, das betrifft vor allem Themen wie Sicherheit, Verkehr, Mieten und Lebensqualität. Gleichzeitig schlägt hier der Puls der Stadt besonders stark, sind große Gegensätze eng beieinander, das ist Herausforderung und Faszination in einem. Ich möchte, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt. Ich bin von den Inhalten der CDU überzeugt. Die Union ist die Partei, die für mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätze, für Sicherheit und einen nachhaltigen gesellschaftlichen Zusammenhalt steht. Diese Punkte sind auf Bundesebene und in meinem Wahlkreis in den Ortsteilen Wedding, Tiergarten und Mitte wichtig. Dafür stehe ich, und deshalb will ich für eine starke Union kämpfen. Ich will meinen Beitrag leisten, dass Angela Merkel ihre erfolgreiche Politik weiterführt und die Menschen in Mitte weiterhin in einem lebenswerten Bezirk wohnen und arbeiten.

Wann haben Sie das letzte Mal einen Kaffee am Rosenthaler Platz getrunken?

Ich habe dort sogar einen Döner gegessen.

Mussten Sie den auf Deutsch oder Englisch bestellen?

Ich konnte ihn auf Deutsch bestellen und erhielt ihn ohne Zwiebeln. So, wie ich ihn mag.

Finanzstaatssekretär Jens Spahn ärgert sich über englisch sprechende Kellner in Mitte und über Hipster in einer Parallelgesellschaft. Hat Ihr Parteifreund recht?

Jens Spahn hat eine wirklich interessante Diskussion angestoßen. Wir Berliner müssen wieder ein eigenes starkes Selbstbewusstsein entwickeln. Dann hätten wir wieder die Chance, eine lebenswerte Stadt für die Zukunft zu sein. Und eine Diskussion über Hipster, deutsche oder englische Sprache hätte sich dann erübrigt. Ich erinnere an John F. Kennedy, der in Berlin bewusst den berühmten Satz auf Deutsch sprach: „Ich bin ein Berliner“.

Wie wollen Sie den Vorsprung der SPD-Kandidatin Eva Högl aufholen?

Mit den besseren Argumenten und mit Überzeugung. Ich kenne Mitte wie kaum ein anderer und ich habe vor, Politik nicht nur hinter den Mauern des Bundestages zu machen, sondern eng verbunden mit den Menschen in Mitte. Wir haben den Wahlkampf so konzipiert, dass ich an vielen Diskussionen und Veranstaltungen teilnehme. Ich will starke Präsenz auf den Straßen zeigen, ansprechbar sein und Haustürwahlkampf machen. Ich werde in den nächsten Wochen viele Termine in allen Ortsteilen machen und mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Es wird auch Bürgersprechstunden geben.

Wie sieht Ihre Kampagne aus?

Meine Schwerpunkte sind Bildung, Sicherheit und Familie. Mir ist wichtig, dass die Inhalte direkt mit dem Wahlkreis zu tun haben. Es reicht nicht aus, auf das schlechte Regieren von Rot-Rot-Grün hinzuweisen. Bildung ist der Schlüssel für eine gute Zukunft unserer Kinder. Und das Thema Sicherheit ist für jeden Bürger wichtig. Nur wer sicher ist, kann frei leben. Ich bin für einen starken Staat.

Nach dem Attentat auf dem Weihnachtsmarkt wurden im Fall Amri manipulierte Akten des Landeskriminalamtes bekannt. Was wussten Sie als damaliger Innensenator darüber?

Ich verweise auf die schriftliche Anfrage des CDU-Abgeordneten Penn und beziehe mich auf die Antwort der Innenverwaltung vom 12. Juni auf die Frage, ob den Hausleitungen der Innen- und Justizverwaltung vor dem Anschlag Vorgänge zu Anis Amri einschließlich Aliasnamen vorgelegen hätten. Die Antwort: Innerhalb der Senatsinnenverwaltung gab es keine Leitungsvorlagen. Die Hausleitungen von Innen und Justiz wurden vor dem Anschlag nicht über den Fall Amri informiert, da es sich, ich zitiere, „um einen Sachverhalt handelte, der keine Besonderheit aufwies“. Ich bin sehr froh, dass der Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde, da ich die Aufklärung dieses schrecklichen Terroranschlags für außerordentlich wichtig erachte.

Sie wohnen in Pankow. Hören Sie dort Flugzeuge?

Ich höre Flugzeuge, auch wenn ich nicht direkt in der Einflugschneise wohne.

In Wedding leiden genug Leute unter Fluglärm. Wollen Sie Tegel offenhalten?

In meiner Zeit als Landes- und Fraktionschef hat die CDU einstimmige Beschlüsse zur Nachnutzung von Tegel gefasst. Wir haben uns sehr stark für „TXXL“, die Urban Tech Republic, engagiert. Es ist legitim, dass die jetzige Parteiführung die Mitglieder befragt und sich Gedanken darüber macht, ob die Kapazitäten beim BER in Zukunft ausreichen würden. Für mich bleibt die Frage entscheidend, ob eine Offenhaltung von Tegel rechtlich möglich ist und ob sie wirtschaftlich sein kann. Ich habe meine Zweifel, dass die Offenhaltung von Tegel richtig ist. Tegel ist für mich ein idealer Standort für Wissenschaft, Wirtschaft und neue Wohnungen. Ich bin gespannt auf das Ergebnis des Volksentscheids.

Das Gespräch führten Sabine Beikler und Felix Hackenbruch.

Frank Henkel (53) war von 2008 bis 2016 Vorsitzender der Berliner CDU. Von 2011 bis 2016 war er Senator für Inneres und Sport sowie Bürgermeister.

Zur Startseite