Neues Trainingsprogramm: Hopmop: Fit durch den Haushalt
Stefan Rehberger treibt Sport beim Putzen, Kinderbespaßen und Wäschewaschen. Wie das geht, hat der Vater in einem Buch beschrieben.
Eine Hopmop-Übung haben sie wieder aus dem Programm gestrichen. Zwei Tüten voller Einkäufe wie eine Hantel in die Luft stemmen. Beim ersten Probelauf hatte Stefan Rehberger Konservendosen eingepackt, doch beim Gehen schlugen die schweren Tüten sein Gesicht blutig. Nicht sehr motivierend.
Hopmob ist ein neuer Fitnesstrend, auch wenn er vielleicht noch nicht zu allen durchgedrungen ist, könnte man es zumindest so nennen. So frisch und ungezähmt, dass man ihn kaum mit den bekannten Methoden der Körperertüchtigung verwechseln kann. Hopmob ist ein Kunstbegriff, gibt aber trotzdem Hinweise auf seine Kernthese: Fit bleiben und die lästigen Alltagsbesorgungen erledigen lässt sich perfekt kombinieren. Egal ob mit Staubsauger oder Wischmob. Die bekannteste Ausrede gestresster Familienväter und -mütter „Für Sport habe ich einfach keine Zeit“ ist mit einem lockeren „Schon von Hopmob gehört?“ rückstandslos aus der Welt geschafft.
Erfunden wurde Hopmop am Küchentisch
Erfunden haben das neue Fitnessprogramm – manche sagen auch Workout dazu – Stefan Rehberger und sein Freund Balz Wydler beim Quatschen am Küchentisch. Thema: Lust und Leiden eines Jungvaterdaseins. Rehberger hat zwei kleine Söhne, Wydler drei große Fitnessstudios. Auf den ersten Gedanken geht da gar nichts zusammen, dann fiel der Blick auf den Staubsauger ..., die Geburtsstunde von Hopmop.
Rehberger ist kein Vorzeigeathlet, seinem Gesichtsausdruck fehlt die bezwingende Willensstärke. Er schafft es aber für ein paar Sekunden, in die Kamera zu lächeln, während die linke Hand das Saugrohr hält und das rechte Bein im Ausfallschritt verharrt. So sollte das künftig jeder Haushaltssportler tun. Das Staubsaugen müsse man seinem zweifelnden Ich einfach als sportliche „Challenge“ verkaufen, sagt Rehberger, dann hört man erst auf, wenn alles durchgesaugt und nass geschwitzt ist. Anschließend genießt der Saugsportler das wohlige Gefühl erschöpfter Muskeln.
Sehr aufgeräumt sieht es in Rehbergers Drei-Zimmer-Gym in Weißensee nicht aus – in der Küchenecke parkt ein gelber Mülllaster aus Plastik, neben dem Laptop stehen Tetrapak-Kartons mit H-Milch herum. Jedes Ding, das nicht an seinem Platz steht, ist ein Sportgerät. Die passende Hopmob-Übung: „Wir stehen schulterbreit vor dem aufzuhebenden Gegenstand – Brust raus, leichtes Hohlkreuz halten, Beine nur ganz leicht gebeugt ...“ Jetzt kann man sich zwischen „Kreuzhebe“ und „Ausfallschritt“ entscheiden. Wem das zu kompliziert ist, kann ja erst mal die Betten ausschütteln (gut für Oberschenkel, Schultern und Po).
Hopmop hat den Vater wieder aufgerichtet
Rehberger, 45 Lenze jung, ist Autor für Seifenoper-Drehbücher und Romane. Bevor die Kinder kamen, trieb er regelmäßig beliebte Sportarten wie Joggen, Mountainbike fahren und Yoga. Dieses Training fiel dann weitgehend den Vaterpflichten zum Opfer und Rehberger wurde unzufrieden. Hopmob hat ihn wieder aufgerichtet. Klar, dass er darüber ein Buch schreiben musste, mit humorigen Erzählungen aus seinem Leben und genauen Anweisungen des Fitnessprofis. 43 Einzelübungen sind beschrieben (und von Peter Blodau anschaulich gezeichnet), von Treppengeländer polieren bis Kartoffeln schälen.
Manches verwundert aber auch: Smalltalken und E-Mail-Schreiben als Sportübung – was soll das? „Im Sitzen die Beine vom Boden abheben, Zehen ranziehen. Halten. Halten. Halten. Und dabei schreiben!“ Völlig absurd, dennoch verkauft Rehberger die Übung als geeignete Disziplinierung gegen das unter Autoren verbreitete Prokrastinieren, also das Abdriften in anstrengungslose Nebentätigkeiten wie Facebook-Posts checken oder Zehennägel schneiden, wenn der Gedankenfluss mal wieder stockt.
Sumoringer-Stellung ist eher schwierig
Selbst für das Daten haben sich Rehberger und Wydler eine Übung ausgedacht, weil bei den meisten Dates ja noch nach sieben Sekunden klar sei, ob sich der weitere Anbahnungstalk lohnt. Wenn nicht, einfach Oberkörper etwas nach hinten kippen lassen, ohne sich anzulehnen. Das geht voll auf die Bauchmuskeln. Bei der Sumoringer-Stellung zum Spülmaschinenausräumen ist damit zu rechnen, dass die Maschine noch halb voll ist, wenn der Ausräumer zusammenbricht.
Nein, natürlich macht Rehberger nicht alle 46 Übungen selber regelmäßig, aber einige schon. Und auch das mit dem Fitnesstrend muss nicht zwingend eintreten. „Besser als nix“, also der totale Sportverzicht, seien die gezeigten Übungen aber allemal. Dann fällt ihm ein, dass Hopmob die offene Sinnfrage einer aufgeblähten Fitness-Maschinerie beantworten könne. Wozu martert man sich mit Bankdrücken und Beinpressen, zahlt dafür auch noch Geld, wenn mit Hopmob der ganze Haushalt erledigt ist, was bestimmt eine belohnende Zärtlichkeit des Partners nach sich zieht?
"Papa, machen wir Sport?"
Das Kapitel „Toben mit Kindern“ wird vor allem von Rehbergers Söhnen (zwei und vier Jahre alt) geschätzt. Die Frage „Papa, machen wir Sport?“ leitet direkt zu den Hubtechniken mit Kind über. Anschließend liegen dann beide Sportler erschöpft und beglückt auf dem Boden. Die Übungen seien durchweg auch für Frauen geeignet, versichert Rehberger. Das Auf- und Abschwenken gefüllter Einkaufstaschen in der Öffentlichkeit ist allerdings nicht jederfraus Sache. Auch die Erweiterung der Übung Zähneputzen auf einem Bein durch das Wischen des Waschbeckens kam zumindest bei meiner Frau nicht gut an.
Auch Rehberger kommen Zweifel, ob seine Sportfibel so einfach übertragbar ist. Er sei schon der Multitasker und Schnellarbeiter in der Familie. Das Hopmobbing liegt ihm gewissermaßen in den Genen. Im Herbst will er mit seinen Lieben in eine hessische Kleinstadt umsiedeln, in ein altes Haus mit Garten. Berlin sei einfach zu stressig mit Kindern und den weiten Wegen, findet Rehberger. Er wünscht sich vor allem mehr Zeit zum Schlafen. Es wird sich zeigen, ob Hopmop auch den entspannten Provinz-Alltag überlebt.
Stefan Rehberger, Balz Wydler: Hopmob. Topfit ohne Sport, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 14,99 Euro.