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Kleine Stärkung gefällig? Es gab schon so manch lebhafte Debatte, ob man neben dem Gedenkort nun futtern darf oder nicht.
© Kitty Kleist-Heinrich

Neubau in Berlin-Mitte: Holocaust-Mahnmal: Pommes-Buden sollen weg

Es gibt mal wieder ein Gerücht, dass die Ladenzeile am Rand des Holocaust-Mahnmals abgerissen werden soll. Unser Autor Lothar Heinke schleicht um den Budenzauber und rät: Keine Panik, abwarten, Kaffee trinken, Wurst essen. Eine Glosse.

Angeblich sind die Tage der holzgeschnitzten Restaurants an der nördlichen Seite des Holocaust-Mahnmals gezählt. Das Provisorium, das zum Dauerbrenner wurde, soll abgerissen werden. Damit an dieser Stelle ein Neubau die letzten Plattenbauten der DDR von 1989 verdecke. Acht Stockwerke hoch, mit Wohnungen und edlen Geschäften, vielleicht auch Restaurants. 75 Millionen habe ein Investor überwiesen, damit er dieses Objekts in allerbester Lage habhaft werde. Solch moderner Klotz würde die An- und Aussicht rund um das Mahnmal schlagartig verändern.

Bei dieser Gelegenheit macht es Spaß, daran zu erinnern, wie der hölzerne Verkaufspavillon überhaupt entstand: Kurze Zeit nach der Einweihung des Mahnmals bemerkte ein pfiffiger Handelsmann und Wurstmaxe, dass den Besuchern des Steinhaufens der Magen knurrte – und flugs stand an einer Ecke ein Bratwurststand.

Duftschwaden zogen durchs Stelenfeld, wir notierten das amüsiert an dieser Stelle, andere sahen das, wie in dieser kleinen Stadt üblich, hochpolitisch: Das geht doch nun schon gar nicht! Der Wurstmensch wurde vertrieben, dem Hunger wurden moderne Baumaßnahmen entgegengesetzt.

Die Ladenzeile war geboren, es gab Speis, Trank und eine Toilette, selbst Mahnmal-Architekt Peter Eisenman konnte sich damit anfreunden, weil es zum Leben gehört und sein Kunstwerk nicht beschädigt. Wer das als Ballermann bezeichnet, hat keine Ahnung.

Allerdings: Die Restaurantleute haben es in letzter Zeit mit dem Kundenfang etwas übertrieben: Unersättlich stehen jetzt Tische und Stühle bis in die Mitte vom Bürgersteig, und „die jungen Animateure zerren ja sogar die Leute, die am Ort der Informaton warten, in ihre Gaststätten“, ärgert sich Uwe Neumärker, der Direktor der Mahnmalsstiftung. Ihm kämen die Neubaupläne – zu denen sich Senat, Bezirk und Investor am Montag nicht äußern mochten – recht.

Und hier ist das Grundstück zu sehen.
Und hier ist das Grundstück zu sehen.
© Simulation: Gitta Pieper-Meyer

Den Mietern an der Behrenstraße, die nun ein Haus vor die Nase bekommen und statt des Sonnenuntergangs die Schlafzimmer der Reichen und Schönen betrachten dürfen, natürlich nicht. Noch einmal eilten wir zur Ortsbesichtigung: Alles geht seinen kulinarischen Gang. Pizza und Pasta, basta. Keine Ahnung von Abriss. Abwarten und Kaffee trinken scheint die Devise, und das ist auch gut so, denn „in schöner Regelmäßigkeit kommt so ein Abrissgerücht auf“, sagt der Pizzarist. Bayerns Paulaner rät, cool zu bleiben, denn die teuren Mietverträge gelten bis zum Jahresende und wurden bislang stets verlängert.

Warum sollte as diesmal anders sein? Ein Neubau war schließlich schon 2002 geplant, dann wurde die Wohnungsbaugesellschaft Mitte mit dem Verkauf der Plattenhäuser saniert, die Architekten wechselten, auch die Preise, und das Grundstück wanderte von einem zum anderen. Jetzt sind 75 Millionen im Gespräch. Wer bietet mehr? Bis dahin: Keine Panik!

Lesen Sie mehr im Tagesspiegel: Das Leben, der Alltag, die Currywurst – und das alles am Ort des Gedenkens an die ermordeten Juden Europas. Dass das funktionieren könnte, hat vor zehn Jahren kaum jemand geglaubt. Mit dem Holocaust-Mahnmal wurde Berlin die Freiheit des Gedenkens geschenkt.

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