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Mehr als 22 Grad warm ist der Wannsee derzeit. In vielen anderen Gewässern werden schon mehr als 25 Grad gemessen.
© Ralf Hirschberger/dpa

Wasserqualität: Hitze macht Berliner Seen zu schaffen

Die anhaltende Wärme erhitzt auch die Berliner Seen. Deren Wasserqualität leidet. Eine Besonderheit des Gewässersystems macht zusätzlich Schwierigkeiten.

Am Mittwoch wurde in Brandenburg ein Rekord gebrochen: Nirgends sonst war es zuvor an einem Junitag jemals so heiß in Deutschland wie dort. Ganze 38,6 Grad meldete der Deutsche Wetterdienst, seine Werte gelten als die offiziellen. Der von ihm genannte heißeste Ort war Coschen im Landkreis Oder-Spree. Der Berliner Wetterdienst Meteogroup wusste später sogar von 39,3 Grad in Guteborn in der Lausitz. In Berlin lag die höchste Temperatur laut Meteogroup am Müggelseedamm bei 38,9 Grad. Da locken die Berliner Seen, doch sind auch sie aufgeheizt. Mit 22,6 Grad ist der Wannsee am kühlsten, viele andere haben über 25 Grad, heißt es beim Lageso.

Das Sonnenlicht wirkt sich auf das Wachstum von Algen aus. Im Frühjahr färben Kieselalgen die Gewässer gelblich-braun. Später im Sommer wachsen dann die als Blaualgen bekannten Cyanobakterien. Sie mögen die hohen Wassertemperaturen besonders. „In Wetterlagen wie jetzt nehmen vor allem sie zu“, sagt Herbert Lohner vom Naturschutzbund NABU in Berlin. Anders als Grünalgen sind Blaualgen gar keine Pflanzen und brauchen kein Licht für Photosynthese. Manche Blaualgen bilden Giftstoffe, daher rät das Lageso, kein Wasser zu schlucken. Und wer knietief im blaugrün veralgten Wasser steht und die eigenen Füße nicht mehr sieht, sollte sich besser gleich zurück an Land begeben. Besonders gefährlich sind die Cyanobaktieren für Kinder und Tiere.

Derzeit sieht es noch gut aus. Im Sommer überprüft das Lageso die Qualität an 39 Badestellen im Abstand von zwei Wochen. Für alle untersuchten Orte meldet das Amt derzeit: Zum Baden geeignet. Die erfassten Werte unterscheiden sich aber deutlich, zum Beispiel bei der Sichttiefe. Im Groß Glienicker See kann man vier Meter tief schauen, im Plötzensee sind es nur 70 Zentimeter.

Die vielen Algen tragen dazu bei, den Sauerstoff im Wasser schnell zu verbrauchen, aber auch Mikroorganismen, die organische Stoffe abbauen. Unwetterartiger Regen spült besonders viel davon in die Gewässer. „Da dauert es ein, zwei Tage und oben schwimmen die toten Fische“, sagt Naturschützer Lohner. Das Problem gebe es vor allem im Landwehrkanal, sagt Stephan Natz von den Berliner Wasserbetrieben. Dieses Jahr sei ihm aber noch kein Fall von massenhaftem Fischsterben bekannt. Für bessere Sauerstoffversorgung in den Flüssen setzt der Senat seit 1995 das Belüftungsschiff „Rudolf Kloos“ ein.

Mückenplage und Algenwachstum

Für die Tiere der Luft scheint die Witterung hingegen ideal zu sein: Die Mücken vermehren sich. Beim Einsatz der Feuerwehr im Grunewald am Dienstag waren sie eine solche Plage, dass man spontan Schutzspray in großen Mengen habe besorgen müssen, sagte ein Sprecher.

Neben Licht und der Nährstoffbelastung wirkt sich auch die Fließgeschwindigkeit auf die Ökologie der Gewässer aus. Besonders betroffen vom Algenwachstum seien stehende Gewässer, sagt Lohner. In Berlin gehören dazu nicht nur Seen, sondern auch Flüsse wie die Spree. In sprudelnden und bewegten Gewässern wie der Panke wüchsen Algen nicht so schnell. Spree oder Havel seien „Flussdarsteller“, sagt Natz, nämlich breit angestaut und fast unbewegt. „Manchmal fließen sie sogar rückwärts“, sagt Lohner. Viel frisches Wasser führen die Flüsse nicht. In Staatsverträgen habe Berlin mit anderen Bundesländern geregelt, dass eine bestimmte Menge Wasser ins Land kommen soll: 15.000 bis 20.000 Liter pro Sekunde sollen es sein, ein Bruchteil der Rhein-Leistung. In der Trockenheit können die Nachbarn nicht mal das liefern.

Wasserreinigung besonders wichtig

In einem so trockenen Sommer, wie es dieser bislang ist oder der vergangene war, ist Berlin also eine Art geschlossenes Recyclingsystem. Das verbrauchte Wasser wird gereinigt und gelangt zurück in den Kreislauf. Umso wichtiger sind dabei die Kläranlagen. Mit Investitionen in Höhe 1,5 Milliarden Euro sollen die in den kommenden Jahren verbessert werden, sagt Natz.

Dafür wollen die Wässerbetriebe an mehreren Standorten sogenannte Flockungsfilter einführen. Damit solle noch mehr Phosphor aus dem Abwasser gefiltert werden. Bisher würden 97 bis 98 Prozent entfernt. Von den verbleibenden zwei Prozent könne man mit dem Filter noch mal 99 Prozent aus dem Wasser holen. Medikamentenreste oder synthetischen Süßstoffen würden mit Ozon weiter zerkleinert und mit Aktivkohle herausfiltern, erklärt Natz. Grundsätzlich könne man fast jedes Wasser reinigen, wenn genügend Energie vorhanden sei. Beispiel Astronaut: Der habe ja auch nur einen bestimmten Vorrat, der immer wieder gefiltert wird.

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