Urteil des Berliner Landgerichtes: Historiker Winfried Süß verliert gegen die Hohenzollern
Das Gericht bekräftigt sein früheres Urteil gegen den Historiker Winfried Süß. Er darf Georg Friedrich Prinz von Preußen nicht vorwerfen, die historische Darstellung der Hohenzollern beeinflussen zu wollen.
Abmahnungen der Hohenzollern gegenüber Historikern, Medien und Politikern beschäftigen weiter die Justiz. Am Berliner Landgericht scheiterte am Donnerstag der Historiker Winfried Süß vom Potsdamer Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung mit seinem Versuch, eine von Prinz Georg Friedrich von Preußen gegen ihn erwirkte Unterlassungsverfügung aufheben zu lassen.
Es bleibe weiterhin die Äußerung untersagt, er habe „als Familienoberhaupt eines alten deutschen Adelsgeschlechtes ein Mitspracherecht bei der historischen Darstellung der Familie in öffentlichen Einrichtungen gefordert“, erklärte das Gericht, das seine einstweilige Verfügung vom November 2019 bestätigte. Innerhalb eines Monates könne beim Kammergericht Berufung eingelegt werden.
„Es ist kein guter Tag für die Freiheit der Wissenschaft und die Meinungsfreiheit“, sagte Süß dem Tagesspiegel. „Ich bin sehr zuversichtlich, und mein Anwalt ist es auch, dass das in der zweiten Instanz korrigiert werden kann.“ Er dankte für die Solidarität vieler Historiker-Kollegen und der Potsdamer Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD), „die im Blick hat, wie mit brandenburgischen Wissenschaftlern juristisch umgegangen wird.“
Dagegen heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Erklärung von Georg Friedrich Prinz von Preußen, es sei um Behauptungen in Bezug auf seine Person gegangen, die „nachweislich falsch“ sind.
Für ihn sei der Fall mit dem ersten Urteil von 2019 abgeschlossen gewesen, er werde keine weiteren Schritte in der Sache unternehmen. „Deshalb möchte ich den Vorgang auf sich beruhen lassen“. Er schätze ausdrücklich die wissenschaftliche Arbeit von Süß und seines Instituts.
Prinz von Preußen schlägt versöhnliche Töne an
Der Vorsitzende Richter Holger Thiel sagte am Donnerstag, das Haus Hohenzollern habe zwar institutionelle Mitwirkungsrechte für Dauerleihgaben in öffentlichen Museen gefordert, daraus könne aber nicht die Forderung nach einem „Mitspracherecht auf die Darstellung der Geschichte“ abgeleitet werden. „Es geht nicht darum, die öffentliche Debatte zu beschränken.“
Er bestritt nicht, dass Leihgaben als trojanisches Pferd eingesetzt werden könnten, um indirekt Einfluss zu nehmen. Wie berichtet, haben die Hohenzollern aktuell mit dem Abzug ihrer Leihgaben aus Museen Berlins und Brandenburgs gedroht, um die Wiederaufnahme von Vergleichsverhandlungen mit der öffentlichen Hand um Rückgabe- und Entschädigungsforderungen zu erzwingen.
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Die Pressekammer des Berliner Landgerichtes hat bisher beinahe in allen Verfahren um öffentliche Aussagen über den Konflikt um Rückgabe- und Entschädigungsforderungen der Hohenzollern, gegen die Hohenzollern-Anwalt Markus Hennig mit Unterlassungsverfügungen vorgegangen war, dem Nachfahren des letzten deutschen Kaisers recht gegeben.
Nun kommt es darauf an, ob das Kammergericht, mit den Fällen bisher nicht befasst und nicht durch eigene Urteile vorgeprägt, dieser Linie folgt. Anhängig sind dort bereits Verfahren des Berliner Grünen–Abgeordneten Daniel Wesener und des Historikers Stephan Malinowski, die am Landgericht ebenfalls gescheitert waren.