Bericht zum Radverkehr in Berlin: Hilferufe aus der Radlerhölle
3300 Bürger haben sich an einem Online-Dialog zum Radverkehr in Berlin beteiligt, gefährliche Kreuzungen beschrieben und Verbesserungen vorgeschlagen. Jetzt will der Senat Konsequenzen ziehen - zumindest ein bisschen.
Welches ist eigentlich das größte Ärgernis Berliner Radfahrer? Wer diese Frage beantworten will, kann sich nun erstmals auf eine empirische Datengrundlage stützen. Die Senatsverkehrsverwaltung legte am Freitag eine Auswertung ihres Online-Dialogs zur Radsicherheit vor. 554 Teilnehmer stimmten einem Kommentar des Teilnehmers „Dude“ mit dem Titel „Penetrantes Parken auf dem Radweg“ zu. Damit lag „Dude“ in der Kategorie „Allgemeiner Radverkehr“ vorn. Auf Platz 2 landete der Beitrag „Fahrradstreifen auf der Sonnenallee“. Platz 3: „Oranienstraße ist die Radfahrhölle“.
Einen Monat lang, vom 12. November bis zum 12. Dezember 2013, hatte die Senatsverwaltung auf einer eigens eingerichteten Internetseite Kommentare, Wünsche und Vorschläge zum Radverkehr gesammelt. Viele Teilnehmer beschwerten sich, Radler seien schlecht in den Straßenverkehr eingebunden, etwa an Verkehrsknotenpunkten wie dem Kottbusser Tor, dem Hermannplatz oder der Kreuzung Schönhauser Allee/Danziger Straße. Für das Gebiet zwischen Kottbusser Tor und Hermannplatz gingen die meisten Kommentare ein.
"Horror Hermannplatz"
Im Ranking der Kategorie „Abbiegekonflikte“ landete der Beitrag von „Xiane“ auf dem vierten Platz – der Titel: „Horror Hermannplatz“. „Xiane“ klagt über rasende Autofahrer, umständliche Querungen für Radfahrer und zu kurze Ampelphasen. Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) erklärte dazu, am Hermannplatz seien „Veränderungen geplant, die zeitnah durch den Bezirk umgesetzt werden sollten“. Die Neuköllner Grünen-Fraktion hatte zuletzt gefordert, das Abbiegen in zweiter Reihe zu unterbinden. Seit langem ist bekannt, dass der gesamte Platz umgebaut und die Verkehrsflüsse neu geregelt werden sollen. Doch einen Termin für konkrete Baumaßnahmen gibt es noch nicht. Anders am Hohenzollerndamm, Ecke Bundesallee. Dort soll eine irreführende Ampelanlage 2015 verändert werden.
Staatssekretär verspricht kurzfristige Abhilfe
Am meisten Zustimmung fand in der Kategorie „Abbiegekonflikte“ die Forderung, die Radweg-Benutzungspflicht auf der Schönhauser Allee komplett aufzuheben. Gaebler lobte, dass viele der rund 3300 Teilnehmer konkrete Verbesserungsvorschläge gemacht hätten. Diese könnten teilweise auch in Planungen einfließen. Weil große Umbauvorhaben Zeit und Geld kosten, möchte der Staatssekretär auch kurzfristige Abhilfen prüfen lassen. „Das reicht von der farbigen Furtmarkierung bis zu Spiegeln und Blinklichtern.“ Spiegel könnten etwa an der unübersichtlichen Kreuzung Warschauer Straße/Stralauer Allee kurzfristig angebracht werden. 50 Radfahrer hatten sich dafür ausgesprochen, um den „Blindflug“ an dieser Stelle zu entschärfen.
Insgesamt 30 Kreuzungen werden in einer Rangliste als Negativ-Schwerpunkte identifiziert, auf diesen Kreuzungen komme es auch besonders häufig zu Unfällen, sagte Gaebler. Die insgesamt 8000 Vorschläge und Kommentare sollen auch in die Arbeit der Verkehrsinformationszentrale einfließen, ebenso in die Ausbildung von Lkw-Fahrern.
In Sachen Radwegparken hat auch „Dude“ eine konkrete Idee: „Es scheint nur eines wirklich zu helfen – empfindliche Geldstrafen, gepaart mit Punkten.“ Mit den Einnahmen könnte Berlin ein paar neue Radwege bauen.