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Auf großer Fahrt. Der Dampfer spielte bei der Gründung von Hertha BSC eine namensgebende Rolle.
© Karlheinz Schindler/picture-alliance / ZB

Gründungsschiff von Hertha BSC: Hertha-Dampfer nimmt Kurs auf Berlin

Ein Schiff aus dem Baujahr 1886 gilt als Namensgeber von Hertha BSC. Fans können Anteile erwerben – damit es es wieder zu ihnen nach Hause kommt.

„Jaaa – unser Gründungsschiff kommt nächstes Jahr nach Berlin!“ jubelt Hertha BSC seit Dienstag auf dem Twitterkanal des Clubs. Nun soll es endlich gelingen, den ollen Hertha-Dampfer wieder dorthin zurückzuholen, wo er hingehört: auf die Spree und die Havel in der Heimatstadt der Hertha-Fußballer. Das 1886 vom Stapel gelaufene Passagierschiff gilt als Namensgeber des Clubs, es schippert zur Zeit aber noch im Linien- und Charterverkehr über die Kyritzer Seenkette in der Prignitz. 

Doch auf der Hertha-Mitgliederversammlung am Montag wurde ein ausgeklügelter Plan bekannt gegeben, wie man den Kahn noch in diesem Jahr auf einen sicheren Kurs nach Berlin bringen will. Im Mittelpunkt stehen symbolische Schiffsanteile, man könnte auch sagen: maritime Aktien. Die können Hertha-Anhänger bald in verschiedenen Stückelungen erwerben.

Das ganze ist ein Deal der zwei Hertha-Präsidiumsmitglieder Ingmar Pering und Christian Wolter. Sie haben für das Traditionsschiff bereits einen Kaufvertrag ausgehandelt, der Anfang 2017 wirksam wird, wenn Hertha sein 125. Bestehen feiert. Auch eine Trägergesellschaft ist schon gegründet, sie soll die Schiffsanteile ausgeben. Insgesamt so viele, wie das Gründungsdatum vorgibt.

Fritz Linder fuhr über die Spree und entdeckte den Namen "Hertha"

Hertha wurde am 25. Juli 1892 von den Brüdern Fritz und Max Lindner sowie von Otto und Willi Lorenz als „BFC Hertha 92“ aus der Taufe gehoben. Das Quartett war erst 16 bis 17 Jahre alt. Aber was hat das nun alles mit dem knapp 23 Meter langen am Kai in Wusterhausen schaukelnden Methusalem zu tun?

Ganz einfach. Der Schiffsname Hertha entspringt einer wohl sehr eindrucksvollen Dampfertour, die Fritz Lindner zuvor unternommen hatte. Er fuhr über die Stadtspree, als Fritz am Schornstein den Schiffsnamen „Hertha“ entdeckte, auf weißem Untergrund mit blauen Streifen, den Farben der damaligen „Spree-Havel-Dampfschifffahrts- Gesellschaft Stern“. Beides, Name und Farben, wurden flugs für den neuen Verein übernommen.

Nach seinem Stapellauf in Stettin erreichte das Fahrgastschiff die für damals sensationelle Geschwindigkeit von 18 km/h. Es war also symbolisch bestens geeignet für einen rasch aufstrebenden Fußballklub. Zuallererst gehörte die Hertha der Stralauer Dampfschifffahrtsgesellschaft, aber schon 1889 wurde sie von der Gesellschaft Stern übernommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie unter dem Banner der „Weißen Flotte“ wieder in Fahrt und wurde ideologisch umgetauft, hieß fortan: „Seid Bereit!“

1964 drohte der Schrottplatz

1964, als man sie außer Dienst stellte, drohte ihr der Schrottplatz. Doch sie dümpelte erst mal fünf Jahre am Kai, bis sie 1969 von der Reederei Dentler aus Wusterhausen bei Kyritz erworben und wieder aufgerüstet wurde. Das heißt, sie erhielt statt des Dampfantriebs zwei alte Lkw-Motoren als Antrieb sowie Getriebe aus Restbeständen der Roten Armee. Seither gehört das Ausflugsschiff mit den 140 Sitzplätzen auf dem Ober- und Unterdeck zum Bild der Kyritzer Seenkette. Nur eines bedauern heutige Betrachter: Der gewaltige Schornstein, den die Besatzung einst unter Berliner Brücken umlegen konnte, wurde ihr bei der Modernisierung genommen.

Nach der Wende fiel der Kahn dann rasch den Berliner Fußballern auf. Bereits zu DDR-Zeiten, in den späten 70er Jahren, hatten ihn Schiffshistoriker als die einstige „Hertha“ identifiziert. Doch erst seit 2002 steht am Bug wieder der alte Name, verbunden mit dem Hinweis: Gründungsschiff von Hertha. Erstmals im Jahre 2012, zum 120. Geburtstag von Hertha BSC, gab es dann vergebliche Versuche, das Schiff nach Berlin zu holen. Und 2014 erneut. Jedes Mal war die Kaufsumme von rund 200 000 Euro die größte unüberwindliche Hürde.

Die große Preisfrage

Welchen Preis die Hertha-Bosse Pering und Wolter jetzt vereinbart haben, dazu herrscht derzeit Stillschweigen. Unklar ist auch noch, zu welchen Stückelungen man Miteigner der „Hertha“ werden kann. Die Kyritzer „Fünf-Seen-Reederei“, Nachfolger der Reederei Dentler, bestätigte am Dienstag den Vertragsschluss. Ihr Geschäftsführer Thomas Flemming will im Sommer noch Abschiedsfahrten auf den Kyritzer Seen organisieren, bevor die Hertha ab Januar 2017 Wusterhausen verlässt.

Auf dem Wasserweg kann die maritime Fußball-Legende allerdings nicht nach Berlin tuckern, die Kyritzer Seen sind in sich abgeschlossen. Sie muss wohl auseinandergenommen in Lastwagen transportiert werden. In der Bundeshauptstadt könnte das Schiff dann im Historischen Hafen an der Fischerinsel als schwimmendes Fanlokal vor Anker gehen – und mit ihnen zu Vergnügungsfahrten ablegen.

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