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Neben dem Olympiastadion könnte Herthas neues Stadion entstehen.
© Hertha BSC

Fußballarena in Berlin: Hertha BSC will Stadion zur Hälfte im Erdreich versenken

Soll das Olympiastadion umgebaut werden? Oder darf Hertha eine neue Arena errichten? Die Gespräche sollen zäh verlaufen - aber erste Eckpunkte werden bekannt.

Man darf gespannt sein, was Innen- und Sportsenator Andreas Geisel (SPD) am Freitag im Sportausschuss des Abgeordnetenhauses berichtet, wenn er nach den Verhandlungen mit Hertha BSC gefragt wird. Aus verschiedenen Quellen ist zu hören, dass die Gespräche über eine bessere Fußball-Arena für den Bundesligaverein „zäh und schwierig“ verlaufen. Vor allem deshalb, weil nicht erkennbar sei, was der Senat wirklich wolle. Soll das Olympiastadion umgebaut oder Hertha erlaubt werden, im Olympiapark auf eigene Kosten ein neues Stadion zu bauen?

In der Senatsverwaltung für Inneres und Sport wird dementiert, dass die Verhandlungen festgefahren seien. „Sie laufen sachorientiert und kooperativ“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. „Wir werden in Kürze das weitere Vorgehen abstimmen und uns dann öffentlich äußern.“ Wahrscheinlich wird dann ein Zwischenstand dokumentiert – über den Verlauf der bisherigen Gespräche. Immerhin gab es inzwischen einen Meinungsaustausch, an dem Vertreter der Obersten Denkmalschutzbehörde, des Landesdenkmalrats, der Senatsverwaltungen für Sport sowie für Stadtentwicklung, des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf und der Hertha-Stadion GmbH teilnahmen.

Spielfeld im Olympiastadion könnte 2,50 Meter abgesenkt werden

Wie unterschiedlich die Interessenlagen sind, wurde bei diesen Gesprächen deutlich, in die Fachleute der Architekturbüros Albert Speer & Partner (ASP) und Gerkan, Marg und Partner (gmp) einbezogen sind. ASP arbeitet im Auftrag von Hertha BSC an einer Machbarkeitsstudie für einen Neubau, und gmp erstellt für den Senat eine Studie für den Umbau des Olympiastadions.

Demnach soll das Spielfeld um 2,50 Meter abgesenkt werden und die blaue Laufbahn verschwinden, um die Zuschauer auf den unteren Rängen bis auf zehn Meter ans Spielfeld heranzurücken. Oberring, Ehrentribüne und Marathontor blieben unangetastet und die spektakuläre Dachkonstruktion soll durch eine „transluzente Glasüberdachung“ ergänzt werden, um auch die untersten Sitzreihen vor Regen zu schützen.

Wer den Umbau bezahlen würde, ist völlig offen

Die Abhängung des Oberrings bei geringen Zuschauerzahlen werde weiterhin „in Erwägung gezogen“, heißt es in einem Gesprächsprotokoll. Angepeilt werden auch „mehr und besser erreichbare Service- und Erlebniszonen“ für die Hertha-Fans. Was der Spaß kosten würde und wer das bezahlen könnte, ist völlig offen. Außerdem wäre mit einem solchen Umbau nicht erreichbar, was in modernen Stadien weltweit zum Standard gehört: Ein Neigungswinkel der Sitzränge von durchschnittlich mindestens 35 Grad. Nur so lässt sich eine Fußball-Arena in einen Hexenkessel verwandeln. Im Olympiastadion sind es 23 Grad (Unterring) bzw. 25 Grad (Oberring).

Hertha will lieber Neubau nebenan errichten

Für einen Neubau wäre laut ASP „ein Standort an der Rominter Allee östlich des Gutsmuthsweges“ geeignet, also in Nachbarschaft zum Olympiastadion, das auf diese Weise „ergänzt“ werde. Das Stadion solle zur Hälfte in der Erde versenkt werden. „Dennoch würde hierdurch das Gartendenkmal des Olympiageländes beeinträchtigt“, gestehen die Architekten ein. Zumal Versorgungs- und Infrastrukturflächen, dazu gehören auch Parkplätze, viel Platz rund um den Neubau beanspruchen würden. Die Denkmalschützer laufen ohnehin Sturm – aber nicht nur gegen den Neubau, sondern auch gegen einen auf den Fußball fokussierten Umbau des Olympiastadions von 1936.

So formulierte Landeskonservator Jörg Haspel nach einer Begehung des Stadions und des Olympiaparks „erhebliche Vorbehalte“ und warnte davor, „vorschnell aktuellen Stimmungen und Moden zu folgen“. Im Übrigen habe sich die sportliche Leistung von Hertha BSC gerade im alten Stadion verbessert. Man sieht: Wenn es um Fußball geht, ist jeder ein Trainer. Nach Meinung des Landesdenkmalrats würde ein Neubau das denkmalgeschützte Ensemble entwerten. Andererseits führe ein Hertha-gerechter Umbau des Olympiastadions nach den bisher vorgelegten Plänen zu einer „neuen Geometrie“, die der Grundanlage eines Olympiastadions widerspräche.

Eine zeitnahe gemeinsame Lösung ist unwahrscheinlich

Dann gibt es noch den Lärmschutz. Schon jetzt sei die Situation im Bereich der Rominter Straße in Westend für die Anwohner problematisch, mahnte der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Oliver Schruoffeneger. Er warf bei den internen Gesprächen die Frage auf, ob ein Neubau mit Blick auf die Lärmbelastung überhaupt genehmigungsfähig sei. Alle unterschiedlichen Sichtweisen und Interessen auf einen Nenner zu bringen, dürfte schwierig werden. Bisher hieß es nur, dass die Szenarien der Architekturbüros im Frühjahr veröffentlicht und anschließend breit diskutiert werden sollen.

Nach aktuellem Stand ist es unwahrscheinlich, dass Senat und Hertha zeitnah eine gemeinsame Lösung präsentieren. Die Frage ist, ob die Regierungsfraktionen dem entscheidungsschwachen Senat mit einem Parlamentsbeschluss zuvorkommen werden. Allerdings lässt die SPD noch keine klare Haltung erkennen und Linke und Grüne signalisieren bisher nur, dass ihnen das Stadionproblem herzlich egal ist. Jedenfalls solange keine Steuergelder für den Umbau der alten oder den Bau einer neuen Arena ausgegeben werden.

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