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Vatertag? Herrentag! Himmelfahrt ist vielerorts auch zum Besäufnis für Jugendliche geworden.
© Julian Stratenschulte/dpa

Feiertag in Berlin: Herrlich, so ein Herrentag!

Im Westen Vatertag, im Osten Herrentag - und diesmal sogar vor dem Muttertag! Gedanken über eine seltsame Feiertagskonstellation.

Irgendwas ist seltsam mit diesem Frühling, und es ist nicht das Wetter. Sondern, dass der Vatertag vor dem Muttertag liegt – eine kalendarische Anomalie, die den erprobten Lebensrhythmus ... Bitte? Der heißt Herrentag? Meine Herren: Am 3. Oktober 1990 hätte sicher niemand gedacht, dass wir mehr als 25 Jahre später immer noch dieses kleine Mäuerchen in der Sprache haben würden. Westen: Vatertag und Muttertag. Osten: Herrentag und Frauentag – wobei der Frauentag ja auch noch etwas völlig anderes ist, eine politische Manifestation mit angestammtem Linksdrall, ganz im Gegensatz zum Muttertag, dessen Programm ja im Wesentlichen darin besteht, dass die Kinder der lieben Mama das Frühstück ans Bett bringen, obwohl die lieber am Tisch frühstückt oder auf dem Balkon.

Das ist also einfach: Kommerz gegen Emanzipation. Aber wie ist das mit den Vätern und den Herren? Und warum gibt es auch einen Männertag, der aber im November liegt und sich mit Geschlechtsrollen und Prostatakrebs beschäftigt? Erwarten Sie hier keine Aufklärung – das ist einfach so. Schaut man sich das Wort „Herren“ näher an, dann schaut es etwas geziert zurück. Der klassische Herr ist gut gekleidet, zurückhaltend und geschliffen in seinen Umgangsformen, eher kapitalistisch geprägt, etwas ganz anderes also als der Arbeiterundbauer, dessen proletarische Faust die Geschicke des Sozialismus vorantrieb. Und niemals würde ein wirklicher Herr tun, was Männer am Herrentag/Vatertag gewohnheitsmäßig tun: Rausfahren, sich sinnlos besaufen und dabei auch noch die mitgeführten halbwüchsigen Söhne in Mitleidenschaft ziehen.

Am Muttertag geht es vor allem darum, dass Kinder etwas für ihre Mutter tun.
Am Muttertag geht es vor allem darum, dass Kinder etwas für ihre Mutter tun.
© dpa

Immerhin, das betonen alle aktuellen Analysen: Das Ereignis wandelt sich. Väter, Männer und Herren besinnen sich auf die Familie, sofern vorhanden, und beziehen sie in ihr Tun mit ein, politisch wie gesellschaftlich korrekt. Statt Bier und Fusel gibt es Apfelschorle, statt schmutziger Lieder wird was von Rolf Zuckowski gesungen, und wer wild pinkelt, sieht die Gelbe Karte. Vermutlich gehört inzwischen auch das organisierte Erbrechen am Holzkohlengrill zum Programm, ja, man wird sogar bedauern dürfen, dass all diese Feste im Freien sich allmählich immer gleicher werden.

Eine Eigenheit ist dem Vatertag aber nicht zu nehmen: Er fällt konstruktionsbedingt auf einen Donnerstag, während Frauen- und Muttertag auf einen ohnehin freien Sonntag festgelegt sind. Deshalb lädt er zum Brückenbauen und Blaumachen ein, schickt gewaltige Verkehrswellen durchs Land und ist am Ende die Ursache dafür, dass Männer, Frauen, Kinder, Transgender und alle anderen Geschlechter vereint und genervt im Stau stehen.

Die Grundlage dieses Brauchtums ist übrigens der christliche Himmelfahrtstag. Man kann nicht sagen, dass davon in den profanen Feierlichkeiten allzu viel übrig geblieben ist. Aber vielleicht lohnt es sich ja doch, diesen Aspekt im Kopf zu behalten, bevor der Alkohol dort oben alle allzu differenzierten Gedanken auslöscht. Zumal das Wichtigste in diesem Jahr ja ohnehin darin liegt, spätestens am Muttertag wieder nüchtern zu sein. Schon aus familiären Gründen.

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