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Der Chef der Berliner Senatskanzlei, Björn Böhning im März bei seiner Befragung durch den Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zur Diwell-Affäre in Berlin.
© dpa

Umstrittene Beratungsverträge mit dem Senat: Hauptausschuss befasst sich erneut mit McKinsey-Vergabe

In der McKinsey-Affäre werfen Grüne und Linke der Senatskanzlei versuchte Verschleierung vor.

In der Affäre um die Beratungsverträge des Berliner Senats mit der Firma McKinsey sind nach Einsicht der Akten durch Abgeordnete der Opposition noch wichtige Fragen zu klären. Der Hauptausschuss des Parlaments wird sich am Donnerstag nächster Woche erneut mit dem Thema befassen. Im Zentrum der Kritik steht nach wie vor der Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD). In welchem Umfang der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) in die Beauftragung McKinseys eingebunden war, bleibt noch endgültig zu klären.

„Ich habe verstärkt den Eindruck, dass die Senatskanzlei den Anwalt und Ex-Staatssekretär Lutz Diwell unbedingt dabeihaben wollte“, sagte die Grünen-Abgeordnete Nicole Ludwig dem Tagesspiegel. Der Sozialdemokrat Diwell wurde, wie berichtet, von McKinsey als Unterauftragnehmer in die Arbeit für den Masterplan „Integration und Sicherheit“ des Senats einbezogen – und dafür bezahlt. Dass Kanzleichef Böhning keinen Einfluss auf die Mitarbeit des Genossen Diwell für McKinsey genommen hat, bezweifelt Ludwig mehr denn je.

Die Grünen-Politikerin geht jetzt sogar davon aus, dass die Senatskanzlei die honorierte Mitarbeit Diwells in den schriftlichen Unterlagen verschleiern wollte. Aus rechtlichen Gründen äußerte sich Ludwig zu den Details nicht. Der Rechtsexperte der Linken, Klaus Lederer, sagte nach Sichtung der Akten ebenfalls: „Es ist das Bemühen der Senatskanzlei deutlich erkennbar, dass der Name Diwell in möglichst keinem Papier auftauchen sollte.“ Vor der Arbeit für McKinsey hatte Diwell für die Senatskanzlei ein asylrechtliches Gutachten erstellt, das nach Darstellung der Senatskanzlei am 16. Dezember 2015 fertig wurde. Einen Tag zuvor, so ist einer Aktennotiz zu entnehmen, begann die Senatskanzlei mit den internen Vorbereitungen für den Masterplan.

"Alles sehr schwammig formuliert"

Ein anderer Kritikpunkt: Kanzleichef Böhning habe sich nicht darum bemüht, mit McKinsey konkret und verbindlich zu vereinbaren, was das Unternehmen zum Masterplan beitragen sollte. „Das ist alles sehr schwammig und allgemein formuliert“, sagte Lederer. Eine ausführliche Auseinandersetzung über die Inhalte des Beratungsauftrags zwischen den Vertragspartnern sei jedenfalls nicht dokumentiert. Der Abgeordnete fand in den Unterlagen auch keine nachvollziehbare Begründung, warum nur McKinsey – und kein anderes Unternehmen – für den freihändig vergebenen Auftrag infrage kam. Die Liste der potenziellen Mitbewerber, die angeblich geprüft worden seien, „liest sich wie aus dem Internet zusammengesucht“, sagte Lederer.

Die Strafanzeige gegen Kanzleichef Böhning wegen des Verdachts der Untreue und Korruption, die von der Staatsanwaltschaft noch geprüft wird, könnte dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses bei der weiteren Aufklärung des „Falls Diwell“ aber einen Strich durch die Rechnung machen. Sollte ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, darf sich Böhning gegenüber dem Parlament vorerst nicht mehr äußern, um sich nicht selbst zu belasten.

Der Punkt "unser Team für das Projekt" wurde geschwärzt

Der Vertrag zwischen dem Land Berlin, „vertreten durch den Regierenden Bürgermeister“, und dem Unternehmen McKinsey bestätigt die Aussagen der Opposition. Das insgesamt neunseitige Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, benennt als Auftrag die „Beratung und Unterstützung im Rahmen des Projekts zur Erstellung eines Masterplans Integration und Sicherheit“. Die Projektbeschreibung, die zum Vertrag gehört, kommt mit eineinhalb Seiten aus. Die „Vorgehensbeschreibung“ und „unser Team für das Projekt“ wurden in der Kopie, die dem Parlament vorliegt, übrigens unkenntlich gemacht. Nicht geschwärzt wurde die Vertragspassage, die McKinsey erlaubte, „die Beratungsleistungen auch mit Unterstützung eines oder mehrerer Beauftragten“ zu erbringen. Gleichzeitig verpflichtete sich die Senatskanzlei, gegenüber Dritten „nicht auf den Namen des Auftragnehmers oder dessen Tätigkeit zu verweisen“.

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